Jeweils am 2. Mai feiert das Bistum St.Gallen das Gedenken an die hl. Wiborada. Seit sieben Jahren wird die erste je kanonisch heiliggesprochene Frau in der Kirchengeschichte aus der Vergessenheit geholt. Dank dem Engagement von Hauptinitiantin Hildegard Aepli und vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern ist Wiborada heute wieder sehr bekannt. Am Wiboradatag 2023 machten sich rund 100 Frauen und Männer auf den Weg, in Erinnerung an die Bistumsheilige und mit Themen, die heutige Frauen (und Männer) beschäftigen.
In diesem Jahr begann der Tag der Bistumsheiligen wiederum mit einer Pilgerwanderung mit Start am Bahnhof Häggenschwil-Winden. Christian Leutenegger von der Seelsorgeeinheit Alte Konstanzerstrasse gestaltete mit seinen Helfenden vor Ort einen grossen Teil des Tages. Die Gruppe erlebte zuerst Gastfreundschaft bei der Kirche Häggenschwil mit Kaffee und Gebäck. In der Kirche erzählte Hildegard Aepli die Geschichte des Wiborada-Tages, der eigentlich begann mit «Kirche mit den Frauen». Diese Gruppe ist unterdessen aufgelöst, das Engagement für Frauenanliegen geht jedoch weiter.
Der Weg führte dann nach Wittenbach in die Kirche St.Ulrich, die im Umbau ist. Die Gruppe sass in einer Baustelle, Thema war der Heilige Ulrich. Wiborada hatte dem St.Galler Mönch geraten, nicht Abt des Klosters St. Gallen zu werden, er wurde schliesslich Bischof von Augsburg. Wiborada (im Jahr 1047) war die erste kanonisch heiliggesprochene Frau der Kirchengeschichte, Ulrich (993) der erste heiliggesprochene Mann. Weiter pilgerte die Gruppe zum Mittagessen ins Pfarreizentrum St.Konrad/Wittenbach. Anschliessend gestaltete Diakon Christian Leutenegger einen Impuls, in dem er über seine Inklusenzeit in der Zelle bei St. Mangen erzählte. Und über eine einstige Frauen WG in Wittenbach, die sich stark für Frauenanliegen engagierte.
Auch in diesem Jahr lassen sich wieder Männer und Frauen auf das Experiment ein, sich in der Zelle bei St. Mangen einschliessen zu lassen. Doch am Gedenktag ging es nicht nach St. Mangen, sondern direkt in die Kathedrale St.Gallen. Hier wurde der Gottesdienst zum Wiborada-Tag gefeiert, dies mit starken Impulsen von drei Männern und einer Frau. Armin Bosshart, Kirchenverwaltungsratspräsident St.Gallen, betonte, dass Vielfalt in der Kirche nur im Miteinander von Frauen und Männern möglich wird. Pfarrer Roman Giger (Seelsorgeeinheit St.Gallen West-Gaiserwald, träumt von einer Kirche mit einem ausgeglicheneren Verhältnis Männer/Frauen, in der Frauen endlich zu Priesterinnen geweiht werden. Matthias Koller-Filliger, Fachstelle Partnerschaft, Ehe, Familie Bistum St.Gallen, zeigte sich in seinem Impuls überzeugt, dass nur eine Kirche der Gleichberechtigung in Zukunft überleben wird.
Christiane Schubert thematisierte in ihrem Impuls die im kommenden Jahr voraussichtlich bevorstehende Bischofswahl. «Es wird ein Mann gewählt, und zwar von zwölf Männern (dem Domkapitel)», sagte die Mitarbeiterin im Pastoralamt des Bistums. Sie regte an, Laien diesmal sehr direkt am Wahlprozedere zu beteiligen. Christiane Schubert nannte das Beispiel der Diözese Osnabrück, in dem diesmal neun Hauptamtliche und Freiwillige nicht-Kleriker(innen) gemeinsam mit dem Domkapitel die Liste der möglichen Kandidaten festlegen. Zum Schluss des Gottesdienstes wurde wie am Wiborada-Tag gewohnt Brot gesegnet und geteilt.
Zur Heiligen Wiborada:
Die Inklusin, Wiborada bedeutet Wyber-Rat, war Ratgeberin für Volk, Klerus und Adel. Ihr wichtigster Rat ging an Abt Engilbert (925–933). Wiborada kündigte ihm aufgrund einer Vision den Ungarneinfall für das folgende Frühjahr an und veranlasste ihn, Bibliothek und Kirchenschatz rechtzeitig in Sicherheit zu bringen und für die Mönche eine Fluchtburg zu errichten. Als die Ungarn am 1. Mai 926 ins Land fielen, weigerte sich die Inklusin, ihr Gelübde zu brechen und zu fliehen, sie wurde in ihrer Zelle erschlagen.