Zwei halbe Tage den gewohnten Arbeitsplatz verlassen, Menschen begegnen, die man nicht alle Tage trifft und immer wieder über den Walensee blicken. Das gibt Energie und hilft, klare Gedanken zu fassen. Und das brauchten die Diözesanen Räte, um sich mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Katholischen Kirche zu beschäftigen.
Die Katholische Kirche in der Schweiz wird durchgeschüttelt. Die Pilotstudie über den sexuellen Missbrauch schockiert und lässt erahnen, was die Hauptstudie in drei Jahren noch an die Oberfläche bringt. ‘Im Zentrum stehen die Betroffenen, um sie möchten wir uns kümmern’, sagt Bischof Markus. Im Zentrum steht auch das Hin- statt Wegschauen, das Aufarbeiten der Taten und ihrer Vertuschung. Mit dem Auftrag für diese Studie an die Uni Zürich, zeigen die Bischöfe, die Landeskirchen und die Orden, dass es ihnen ernst ist. Im Zuge der Studie und der Aufarbeitung rücken auch weitere Dauerthemen wieder ins Licht: Pflichtzölibat, Sexualität und Moral, die Rolle der Frauen in der Kirche und Machtstrukturen sind dafür Beispiele.
Am Pastoralforum nutzten die Diözesanen Räte – Seelsorgerat, Priesterrat und der Rat der hauptamtlichen Laienseelsorger:innen gemeinsam mit den Mitgliedern der Ordinariatsversammlung des Bistums St.Gallen und Vertreter:innen der Fachstellen die Zeit, sich intensiv und strukturiert mit dem sexuellen Missbrauch und seinen Folgen auseinanderzusetzen. ‘Was bedeuten die Resultate der Studie für uns? Was wollen wir als Bistum angehen? Worauf haben wir Einfluss?’ Fokussiert haben sich die Teilnehmenden bei ihrer Arbeit auf acht im Rat definierte Bereiche:
- Blick auf die Betroffenen
- Vertrauen schaffen
- Als Junge in der Kirche arbeiten
- Als Freiwillige in der Kirche wirken
- Kommunikations- und Informationsfluss
- Sexualität und Moral
- Vorbereitung auf die Hauptstudie
- Kirche sind wir!
Es war wichtig, eigene Wünsche einzubringen, aber auch Bedenken und Einwände zu diskutieren und Ideen für Lösungen und erste Schritte zu definieren.
Drei Fragen an die Organisatoren des Forums: Pastoralamtsleiter Franz Kreissl und Dominik Michel-Loher, Abteilung Pastorale Entwicklung und Beratung:
Nennt drei Anliegen, die die Räte als dringlich formulieren.
- Wir stärken und verfeinern die Kommunikation innerhalb unserer Organisation, um Transparenz und Verständnis zu fördern.
- Wir erachten es als wichtig, den der jungen Generation Hauptamtlicher und Freiwilliger eine Stimme zu geben und ihre Ideen ernsthaft in die Kirchenentwicklung einzubeziehen.
- Wir sind alle Kirche! Der Dialog mit der Initiative «Reformen jetzt» soll intensiviert und als gemeinsames Anliegen vertreten werden.
Gibt es konkrete Schritte, die am Pastoralforum beschlossen wurden?
«Das Pastoralforum fasst keine Beschlüsse. Es geht darum, Anliegen zu platzieren, darüber zu diskutieren und Massnahmen auf den Weg zu bringen.»
Was ist euer persönliches Fazit aus den beiden Halbtagen?
«Das Pastoralforum war eine wichtige Tagung inmitten der aktuellen Krise im Bistum St. Gallen. Die Teilnehmende diskutierten konstruktiv und legten solide Grundsteine für den weiteren Weg der Aufarbeitung und Entwicklung. Es macht Mut zu sehen, dass die Mitglieder der Diözesanen Räte und der Bistumsleitung dranbleiben.»