Content-Note: In dieser Podcastfolge geht es um sexuelle Übergriffe und um Missbrauch von spiritueller Macht im kirchlichen Umfeld. Diese Themen können starke Reaktionen auslösen. Hilfe für Betroffene von Übergriffen gibt es zum Beispiel bei der Opferhilfe.
Vreni Peterer war zehn Jahre alt, als sie ein römisch-katholischer Priester vergewaltigte. «Den Schmerz spüre ich heute noch, wenn ich davon erzähle», sagt sie.
Lange habe sie nicht verstanden, wie sehr dieser Übergriff ihr Leben geprägt hatte. Das Geschehene hatte sie verdrängt und nicht gewagt, sich jemandem anzuvertrauen. Erst nach einem Zusammenbruch lernte sie, über ihre Vergangenheit zu sprechen.
Nach Missbrauch: «Die Angst ist in mir eingebrannt»
In Teil 1 der Fadegrad-Podcastfolge erzählt Vreni Peterer vom sexuellen Übergriff durch einen Priester, welche Auswirkungen die sexuelle und spirituelle Gewalt auf ihr Leben hatte und wie sie herausfand, dass die Kirche den Täter schützte. Sie erzählt auch, welche Erfahrungen sie machte, als sie sich dem Fachgremium gegen sexuelle Übergriffe des Bistums St.Gallens anvertraute und Akteneinsicht bekam.
«Weil er den Mädchen im Religionsunterricht zu nahe gekommen ist», war der Priester bereits in den 1950ern zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt worden, allerdings nur bedingt. Ein Jahr lang war es ihm verboten, zu arbeiten. «Doch auf sein Bitten und Drängen hin, bekam er wieder eine Anstellung in einer Pfarrei. «Er schrieb, er habe eingesehen, dass er einen Fehler gemacht habe. Daraufhin wurde er in unser Dorf geschickt», so Vreni Peterer im Fadegrad-Podcast. Dort vergewaltigte er das erst zehnjährige Mädchen.
«Er drohte mir, dass ich in die Hölle käme, wenn ich jemandem davon erzählte. Diese Angst ist bis heute in mir eingebrannt.»
Vreni Peterer erzählte niemandem von der sexuellen Gewalt. Geglaubt hätte ihr sowieso niemand, ist sie überzeugt. «Ausserdem war der Priester auch gleichzeitig Schulpräsident und konnte mitreden, wer in die Real- und wer in die Sekundarschule durfte.» Die Wackelkandidatin durfte später auf die Sekundarschule. «Das war der teure Preis für mein Schweigen.»
«Der Priester konnte sein Doppelleben bis zu seinem Tod weiterführen. Das ganze Dorf wusste davon, aber niemand hat etwas gesagt. Man hätte so viel Leid verhindern können, wenn die Erwachsenen reagiert und sich getraut hätten, etwas gegen den Pfarrer zu sagen.»
Missbrauch in der Kirche Schweiz
Heute präsidiert die 62-Jährige die Interessensgemeinschaft Missbrauchsbetroffene im kirchlichen Umfeld (IG-M!kU).
In Teil 2 der Fadegrad-Podcastfolge spricht Vreni Peterer über die Pilotstudie zum Thema Missbrauch in der Schweizer Kirche, die am 12. September 2023 erschienen ist. Ausserdem zieht sie ein erstes Fazit ihrer Zeit als Präsidentin der IG-M!kU und fordert eine kirchlich unabhängige Anlaufstelle für Betroffene.
«Viele Missbrauchsbetroffene haben das Vertrauen in die Kirche verloren. Kirchliche Symbole, wie zum Beispiel das Kreuz, triggern sie. Darum braucht es eine kirchlich unabhängige Anlaufstelle zusätzlich zum Fachgremium des Bistums.»
Interessengemeinschaft für missbrauchsbetroffene Menschen im kirchlichen Umfeld
Die Interessengemeinschaft setzt sich dafür ein, dass körperlicher sowie seelischer Missbrauch im kirchlichen Umfeld benannt und nicht vertuscht werden.
Die IG-M!kU fordert, dass:
- die Kirche für Folgen von Missbrauch die Verantwortung übernimmt.
- Betroffene professionell begleitet werden.
- Missbrauchstäter aus kirchlichen Tätigkeiten ausgeschlossen werden.
Fadegrad
Fadegrad ist ein ökumenischer Podcast und wird präsentiert von den katholischen und evangelisch-reformierten Kirchen der Kantone St.Gallen und Appenzell.