«Als der Caritas-Markt vor 10 Jahren eröffnet wurde, begann ich hier als Freiwilliger und wurde bald mit einer Kollegin stellvertretender Leiter. Ich freute mich über die Verantwortung, die ich übernehmen durfte und, dass ich finanzschwachen Menschen sowie Asylbewerbern helfen konnte. Mit der Sprache ging es immer irgendwie, ein bisschen Englisch, ein bisschen Deutsch, mit Händen und Füssen. Wenn man will, findet man immer einen Weg.
«Im Caritas-Markt hätten wir lieber weniger Kunden»
Bevor ich zur Caritas kam habe ich – wie viele hier in der Schweiz, denen es zu gut geht – über diese Personen geschimpft. Bis ich durch die Arbeit bei der Caritas direkt hineingesehen habe. Das hat meine Einstellung komplett verändert.
Pro Tag kommen 150 bis 200 Personen in den Caritas-Markt. Das Ziel ist, dass sich wenig bemittelte Menschen ein vernünftiges und gesundes Essen leisten können. Süssigkeiten, die wir ca. einen Monat nach Weihnachten oder Ostern von Grossverteilern bekommen, können wir hier sehr günstig verkaufen. Dadurch haben Menschen, die es sich sonst nicht leisten könnten, die Möglichkeit, sich hier etwas Gutes zu tun.
Bei uns im Caritas-Markt sieht man, dass die Schweiz nicht so reich ist wie gedacht. Als der Laden aufging, haben sich Menschen empört: «Wir brauchen so einen Laden nicht! Wir sind doch reich!» Doch schon damals gab es sehr viele Leute, die durch das Sozialamt unterstützt wurden. In der Zwischenzeit haben die Menschen eingesehen, dass ein solcher Laden nötig ist. Seit wir hier am neuen Standort sind, konnte der Umsatz fast verdoppeln werden. Wir hätten aber lieber weniger Kunden und dadurch auch weniger Armut in Wil…
«Mein Anfang in der Schweiz war nicht leicht»
Ich durfte die Einrichtung des neuen Caritas-Ladens planen und wir konnten dadurch das Geld für einen Architekten sparen. Es war für mich ein Schlag, als ich einen Zusammenbruch am Tag der Eröffnung hatte, und sie so nicht mitmachen konnte. Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste ich eineinhalb Jahre pausieren. Ich hatte dadurch zu wenig zu tun, begann mit verschiedenen Hobbies und schrieb ein Buch über mein Leben mit dem Titel «Mit wenig reich gelebt».
Mein Anfang in der Schweiz war nicht leicht. Mit umgerechnet 600 CHF kam ich hier an, ohne Aufenthaltsbewilligung und Arbeit. Ich war erst 22 Jahre alt, verheiratet und hatte zwei kleine Kinder. Die musste ich, gemäss Gesetz, eineinhalb Jahre in Österreich lassen, bevor ich endlich eine Aufenthaltsbewilligung für sie bekam.
Auch Abschiede haben mich sehr geprägt, sowohl meine Mutter als auch meine erste Frau starben früh. Nachdem meine Mutter gestorben war, lebte ich eine Zeit lang als Pflegekind bei einem evangelischen Pfarrer. Auf Wunsch meines Vaters lernte ich Lebensmittelverkäufer. Meist war ich danach immer in irgendeiner Form im Verkauf tätig. Dass sich der Kreis nun nach meiner Pensionierung beim Caritas Markt wieder schliesst, freut mich besonders.
«Ich springe ein, wenn zu wenig Freiwillige im CafiTass sind»
Seit 1. November 2021 leite ich das «CafiTass», den Begegnungstreff des Caritas-Marktes. Hier bin ich verantwortlich dafür, dass an jedem Tag, Vormittag und Nachmittag, eine freiwillige Person für die Betreuung des Kaffees da ist, dass geputzt wird und alle nötigen Arbeiten erledigt werden. Ich mache die Arbeitseinteilung und springe ein, wenn zu wenig Freiwillige vorhanden sind. Nach anfänglichen Schwierigkeiten läuft es jetzt immer besser.
«Ich fürchte die Zeit, in der ich nicht mehr helfen kann»
Vorher war Bruder Karl von den Kapuzinern der älteste Freiwillige, doch mittlerweile bin ich es. Für mich ist wichtig, was hier bei der Caritas gemacht wird. Ich fürchte die Zeit, in der ich nicht mehr helfen kann. Eine kleine Kostprobe davon hatte ich ja schon.
Menschen kennen zu lernen und von ihnen zu lernen, ist für mich sehr wichtig. Die Gemeinsamkeit, die man mit den anderen Freiwilligen hat, ist ein wichtiger Bestandteil für mich. Aber auch die Dankbarkeit der Leute, denen wir helfen können, tut mir sehr gut.»