Im „ideellsten" Verein ist es nicht möglich, Vereinsmitglied zu bleiben, wenn der Vereinsbeitrag nicht bezahlt wird. Immer mehr Katholiken aber erklären ihrer Kirchgemeinde den Austritt und wollen trotzdem in der römisch-katholischen Kirche bleiben. Für Bischof Ivo Fürer ist der Austritt ein Verstoss gegen die kirchliche Gemeinschaft.
Die Seelsorgenden im Bistum St. Gallen sowie die Präsidien von Pfarrei- und Kirchenverwaltungsräten haben dieser Tage das von Bischof Ivo verfasste Papier „Kirche und Kirchenaustritt“ erhalten. Es ersetzt die seelsorgerlichen Regeln aus dem Jahr 1994 und soll eine Hilfe sein im Umgang mit Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer - einen Kirchenaustritt überlegen oder bereits erklärt haben. Was die Festlegung von Taxen für kirchliche Dienste an Ausgetretenen angeht, so empfiehlt Bischof Ivo den Pfarreien, davon abzusehen, „weil eine solche die Bedeutung kirchlicher Gemeinschaft verdunkelt und die Meinung fördert, Kirche sei ein Dienstleistungsunternehmen“.
Aufkündigung der Solidarität
Bischof Ivo weiss, dass sich Experten darüber uneinig sind, inwieweit eine Unterscheidung von „kirchlichem“ und „staatlichem“ Kirchenaustritt zulässig ist. Bei seinen Überlegungen zu Kirche und Kirchgemeinde fliessen daher auch historische ein. U.a. erinnert er an Bischof Ferdinandus Rüegg, der die 1911 eingeführte Zentralsteuer als „Ehrensache für die St. Galler und als eine Pflicht schuldiger Dankbarkeit gegenüber dem Landesvater Gallus und dessen Stiftung“ bezeichnet hatte.
Durch die Taufe wird der Mensch für immer in die Gemeinschaft der Glaubenden eingegliedert. Im Bistum St. Gallen werden die Katholikinnen und Katholiken gleichzeitig zu Mitgliedern des Katholischen Konfessionsteils und der Kirchgemeinde. Der Konfessionsteil ist die nach den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaates organisierte Gemeinschaft der Katholiken römisch-katholischen Bekenntnisses. Dank seiner demokratischen Struktur kann er Steuern erheben, die für die kirchlichen Aufgaben im Bistum eingesetzt werden. Er ermöglicht, dass die Katholiken in solidarischer Weise zum Gedeihen des Bistums beitragen. Ein Austritt aus der Kirchgemeinde und damit auch aus dem Konfessionsteil bedeutet „eine Vernachlässigung der Mitwirkung an einem Dienst in der Kirche, welcher im Einvernehmen und mit Gutheissung durch den Bischof erfüllt wird und ihn dadurch entlastet, andere Finanzierungsmöglichkeiten zu suchen. Ein Austritt aus der Kirchgemeinde ist und bleibt ein Verstoss gegen die kirchliche Gemeinschaft“.
Ein genau zu überlegender Schritt
Dieser Verstoss bedeutet nicht den Abbruch aller Beziehungen mit der Kirche, hat aber doch schwerwiegende Folgen: Aufkündigung der Glaubensgemeinschaft, Verzicht auf die Sakramente und auf die Dienste der Kirche sowie auf den Anspruch einer kirchlichen Beerdigung, Verlust des Mitspracherechts in der Kirche, Schwierigkeit in der Übernahme einer Patenschaft. (siehe auch www.bistum-stgallen.ch/aktuell/dokumente).