Dolores Waser Balmer ist Bereichsleiterin Diakonieanimation, Gregor Scherzinger Mitarbeiter der Fachstelle des Bistums St.Gallen, angesiedelt bei der Caritas St.Gallen-Appenzell in St.Gallen. Ein Gespräch mit den beiden über Aufgaben der Fachstelle des Bistums, erfreuliche kirchliche Projekte und über Stolperfallen in der sozialen Arbeit im kirchlichen Kontext.
Die Diakonieanimation bietet Beratung und Weiterbildung an, Begleitung im Aufbau von Freiwilligenteams, sie ermöglicht Vernetzung und Austausch und engagiert sich mit eigenen Projekten. Durch einen Fonds besteht die Möglichkeit, diakonische Projekte auch finanziell zu unterstützen. Die Fachstelle ist in St.Gallen sowie in den beiden Regionalstellen Sargans (Olivia Conrad) und Uznach (Carla Zappa ab 1.12.21) präsent. Ermöglicht wurde dies durch Stellenaufstockungen von ursprünglich 160 auf heute 320 Stellenprozente. Um in den Regionen im ganzen Bistum präsent und vernetzt sein zu können, haben sich die vier Mitarbeitenden die Dekanate aufgeteilt. Zum Gespräch:
Wie definiert ihr Diakonie?
Dolores Waser (DW): Es ist der Dienst am Menschen, die Diakonieanimation spezifisch verstehe ich als Unterstützung des sozialen Engagements.
Gregor Scherzinger (GS): Ein für manche schwer fassbarer Begriff, es gibt eine Innen- und eine Aussenperspektive. Theologisch bewanderte Menschen verstehen das Wort sofort, nach Aussen ist es ein Fremdwort. Das Diakonische ist für mich wesentlich in der Frage, wofür Kirche da sein soll. Im Gespräch mit Seelsorgenden nehme ich auch immer wieder die Frage wahr: Wird Kirche, so wie sie gerade gelebt wird, diesem Anspruch überhaupt gerecht. So ist diakonisches Engagement sozusagen ein Qualitätskriterium für Kirche. Ist die Art, wie wir Kirche leben, integrativ-inklusiv, offen für alle Menschen aus allen sozialen Schichten und egal mit welchem Aufenthaltsstatus? Hat sie die Sensibilität für die Leidenden in ihrem Umfeld? Oder sind wir ein abgeschlossener Kreis? Wir von der Diakonie-Animation empfinden es durchaus als positiv, wenn diese Fragen immer wieder gestellt werden, beispielsweise im Zusammenhang mit Migration oder Armut. Aber auch in der Zusammenarbeit mit Freiwilligen. Auch dort ist die Frage nach dem Machtunterschied zwischen Freiwilligen und Hauptamtlichen wesentlich.
Wie versteht ihr eure Aufgabe?
DW: Sehr kurz ausgedrückt als Dienstleister, die das soziale Engagement unterstützen und dabei nicht eigene Ideen überstülpen. Im Zusammenhang mit Diakonie denkt man oft an den «Barmherzigen Samariter» und versteht diese Figur als Aufruf zum Almosengeben. Wir üben die Grundhaltung «steh auf, nimm Dein Leben in die Hand» ein. Beispielsweise in unseren Caritas-Läden. Hier erhalten die Menschen keine fertig gepackten Lebensmittel-Taschen, sondern entscheiden selber, was sie einkaufen und somit kochen und essen möchten.
Der Caritas-Markt hat ein sehr gutes Image. Gibt es auch Stolperfallen?
DW: Wir begleiten und schulen die Freiwilligen in den Märkten, das ist sehr wichtig. Ich spüre bei Freiwilligen oft eine grosse Begeisterung nach den ersten Einsätzen. Teilweise gemischt mit einer gewissen Enttäuschung. Vor der EM hatte es beispielsweise verschiedene Chips im Angebot. Eine Kundin kaufte diverse davon und fragte relativ kurzangebunden, wann es denn wieder Neue gebe. Die Freiwillige wusste es nicht, was bei der Kundin sichtbaren Ärger auslöste. Sie liess dies die Freiwillige spüren. In der Pause versuchten wir den verständlichen Ärger der Freiwilligen zu mildern. Ähnliche Situationen erleben wir auch in Lebensmittelabgabeprojekten. Viele Menschen engagieren sich hier tatkräftig, auch aus der Motivation, etwas zurückzugeben. Gleichzeitig wird es dann oft als schwierig erlebt, wenn dies nicht mit grosser Dankbarkeit von Seiten der Bezügerinnen verbunden ist. Beispielsweise meinte ein freiwilliger Mitarbeiter, es seien feinste Spargelspitzen im Angebot, doch die habe niemand genommen. Dass jemand aus einem anderen Kulturkreis Spargelspitzen jedoch nicht kennt, war nicht im Weltbild dieses Freiwilligen. Es gäbe noch diverse Beispiele ähnlicher Art.
Gibt es Weiterbildungen betreffend solcher «Stolpersteine»?
DW: Ja, und wir sind daran, diese verbindlicher zu verlangen. Eine spannende Erfahrung war der Beginn der Lockdown-Zeit. Es sind vermehrt jüngere Freiwillige für die pensionierten Mitarbeitenden eingesprungen, da diese zu den Risikogruppen zählten. Beispielsweise hatten wir einige Studentinnen und Studenten in den Märkten. Bei ihnen war der «Almosengedanke» weniger präsent. Dafür haben sie öfter die Armut der Kundinnen und Kunden nicht ausgehalten. Wir mussten sie darin bestärken, fehlende Beträge nicht aus ihrer eigenen Tasche zu begleichen. Es kann entwürdigend sein, wenn man an der Kasse von der Verkäuferin noch einen oder zwei Franken zugesteckt bekommt. Das geschieht im Migros oder Coop auch nicht. Der Caritas-Markt soll so weit wie möglich ein Laden sein wie anderer.
Wie sind die Erfahrungen mit Diakonie in den Seelsorgeeinheiten?
DW: Wir erleben viel Positives, aktuell begleiten wir unterschiedlichste Projekte in verschiedenen Regionen mit einem hohen Engagement. In der Begleitung fördern wir das Bewusstsein für eine partizipative Arbeitsweise. Nicht eine Gesellschaftsschicht soll etwas für eine andere machen oder eine Nation für Migrierende, sondern es soll zusammen geschehen. Dieses Bewusstsein möchten wir fördern. Ein Beispiel: Ein Sommerlager mit geflüchteten Familien hat erstmals junge Flüchtende im OK und es nehmen auch Schweizer Familien am Lager teil. So ist es kein Angebot mehr von Schweizerinnen für Migrierende, sondern ein gemeinsames Projekt.
GS: Ein anderes Beispiel wären die Workshops für Freiwillige im Patenschaftsprojekt «mit mir». Das Projekt vermittelt Kindern aus belasteten Familien freiwillig tätige Gotten und Göttis, die mit ihnen Zeit verbringen und sie auf einem Stück ihres Lebenswegs begleiten. Bei den Paten ist es eine immer wiederkehrende Frage, was die Grenzen ihrer Unterstützung sein sollen. Hier gibt es kaum allgemeingültige Lösungen, dafür braucht es den Erfahrungsaustausch und die Diskussion über ähnliche Situationen.
DW: Natürlich kann es in den Weiterbildungen nicht darum gehen, irgendjemandem Vorwürfe wegen erzieherischem Verhalten zu machen. Es geht vielmehr darum, diese Begegnung auf Augenhöhe zu üben und für sie zu werben.
Wie arbeitet ihr mit jüngeren Menschen, beispielsweise Firmgruppen?
DW: Wir machen gute Erfahrungen mit spielerischen Formen und ergänzen das Vortragsangebot. Bei einer Übung erhalten die Firmlinge Geld für ein Mittagessen. Der eine zwanzig Franken, eine andere lediglich drei Franken. Das soll die ungleichen Voraussetzungen der Menschen in unserer Gesellschaft etwas spiegeln. Beim gemeinsamen Essen sehen die jungen Menschen dann deutliche Unterschiede. Während der eine eine Take-away-Pizza vor sich hat, ist es bei der anderen vielleicht ein Brötchen und ein Apfel.
GS: Gerade arbeiten wir an einem neuen Spiel: Mithilfe von kurzen Beschreibungen müssen sich die Teilnehmenden in eine fremde Rolle hineingeben. Eine Jugendliche hat Eltern, die Akademiker sind, gut situiert, Bildung ist ihnen wichtig. Die andere Person lernt noch Deutsch, sie ist mit den Eltern erst seit drei Jahren in der Schweiz. Beide haben Mathe-Aufgaben in Textform zu lösen und benötigen zusätzliche Hilfe. Wer hat welche Ressourcen für diese Herausforderung? Einfache Beispiele, die aufzeigen, wie nicht alle dieselbe Ausgangslage und Chancen haben. In den Diskussionen während solcher Spiele passiert viel mehr als bei einem klassischen Referat.
Ihr seid eine kirchliche Fachstelle des Bistum St.Gallen. Braucht es denn Kirche um zur Solidarität in unserer Gesellschaft zu animieren?
GS: Ich würde die Frage unbedingt anders formulieren wollen. Denn sie suggeriert, als ob die Kirche Garantin sei für eine solidarische Gesellschaft. Meine Erfahrung jedoch ist, dass es unabhängig von der Kirche genauso starkes soziales Engagement gibt. Kirche und christliche Motivation kann ein Ausgangspunkt für gesellschaftliches Engagement neben vielen anderen sein. So sind wir dazu da, die Ansätze und Aufbrüche in der Kirche für ein Engagement aufzunehmen und zu unterstützen. Wenn aus christlicher Motivation heraus beispielsweise eine Lebensmittelausgabe aufgebaut wird, weil Menschen die Not wahrnehmen und etwas tun möchten, dann sind wir da und unterstützen. Wir helfen mit, dass die Projekte ins Laufen kommen, wir bieten auch Anschubfinanzierungen. Weiter regen wir die Vernetzung von ähnlichen Projekten an, damit man gegenseitig von Erfahrungen profitieren kann. Zudem ist uns die Vernetzung mit anderen gesellschaftlichen Initiativen wichtig. Kirche steht nicht neben oder ausserhalb der Gesellschaft mit ihren vielen Institutionen. Sie lebt in derselben und ist ein Player unter vielen. Und natürlich gibt es auch Projekte, die sich institutionell von der Kirche loslösen, vielleicht in einen eigenen Verein mit weltlicher Trägerschaft übergehen. Das ist auch gut und durchaus weiterhin im Sinn des diakonischen Gedankens.
Der Stellenwert der Diakonie ist vermutlich nicht überall gleich hoch?
DW: Das stimmt. Eine Erfahrung dazu aus einer Austauschgruppe der diakonisch tätigen Hauptamtlichen in den Seelsorgeeinheiten von beiden Appenzell. In Stellenprozenten ausgedrückt gab es eine Spannweite von 7,8 Prozent bis 80 Prozent für den Bereich Diakonie. In der gemeinsamen Zusammenarbeit konnten sie voneinander profitieren und einander unterstützen.
GS: Es gibt grosse Unterschiede, das lässt sich nicht beschönigen, und soziales Engagement geht nicht automatisch von der Kirche aus. Ich meine aber, überall gehört Diakonie zum Herzstück des kirchlichen Lebens. Wir müssen niemanden davon überzeugen, dass ohne Diakonie die Kirche ihre Mission verfehlt. Das ist ein Anknüpfungspunkt für uns. Allerdings sind Verständnis und Ausfaltung verschieden. Und dies hängt auch von den eingesetzten Ressourcen ab. Wenn jemand allein «kämpft», dann wären wir von der Fachstelle umso mehr gefragt. Dort wo bereits feste Projekte gut angelaufen sind, kommt schneller noch mehr dazu. An anderen Orten stockt die diakonische Arbeit, der Fokus liegt auf anderen Aufgaben.
DW: Für uns ist es zugegeben viel einfacher an den Orten mit einzusteigen, wo schon viel läuft. Von dort werden wir schneller angesprochen und aktiv hinzugeholt. Wo es designierte Ressortbeauftragte gibt, ist das Andocken wenigstens möglich. Doch leider kommen bei Weitem nicht alle Ressortbeauftragten zu den wenigen Vernetzungs- oder Weiterbildungstreffen. Das bedauern wir sehr und wir versuchen Verschiedenes, um das zu verbessern.
Zu konkreten Projekten. Was hat euch besonders beeindruckt? Was ist schwierig angelaufen?
DW: Wir haben unterdessen alle Seelsorgeeinheiten zumindest einmal besucht. Zu Beginn unserer Arbeit auf der Fachstelle haben wir sozusagen eine Inventur des diakonischen Engagements im Bistum gemacht. Was da zusammenkommt, ist eindrücklich. Was mich fasziniert hat, war das Grundgefühl vieler Seelsorgenden, dass viel zu wenig Diakonisches laufe. Teils wurden aber grosse Projekte, die beispielsweise ökumenisch aufgegleist waren, nicht mitgerechnet. Ebenso Aktivitäten, die durchaus diakonische Aspekte haben, wie beispielsweise Projekte für Menschen im Pensionsalter oder Migrationsprojekte, die als selbstverständlich angeschaut wurden.
GS: Mich beeindrucken Projekte wie beispielsweise der Friedegg-Treff in Gossau. Ein sozialer Treffpunkt getragen zwar von einem unabhängigen Verein, je mehr ich aber darüber gehört habe, desto bewusster wurde mir, wie wertvoll das dahinterstehende kirchliche Netzwerk für dessen Wirksamkeit ist. In einem Treffen mit den Ressortmitarbeitenden Diakonie in Gossau kam die Frage auf, was dieser Verein noch mit Kirche zu tun habe, werde die Kirche als Teil der Trägerschaft doch kaum mehr wahrgenommen. Wie sichtbar muss Kirche also sein? Wenn ich dann aber erfahre, wie einfach es gerade durch das kirchliche Netzwerk gelingt, hilfesuchende Familien in schwierigen Situationen zu unterstützen, beispielsweise bei der Arbeitssuche eines Elternteils, dann wird schnell deutlich, wie wichtig das kirchliche Engagement sein kann.
DW: Das zeigt doch, was für eine gewaltige Ressource die Freiwilligen in allen Pfarreien sind. Kirche ist ein wirkungsvolles diakonisches Netzwerk. Es gibt in allen Seelsorgeeinheiten dafür Ressortbeauftragte. Sie sind in diesem Netzwerk die wertvollsten Ansprechpersonen.
Hat Corona die Aufgaben verändert?
GS: Corona hat sicherlich spontane Hilfsaktionen ausgelöst, aber auch zu Innovationen angeregt. Der b’treff am Bahnhof Bütschwil beispielsweise musste teilweise seine Türe schliessen. Das löste Überlegungen aus, wie man dennoch für die Leute da sein kann. Diese Überlegungen führen nun so weit, dass man den Treffpunkt zu den Menschen bringen will mit einem Mobil. Eine Dynamik, die viele kirchliche Menschen verfolgen und sich fragen, was könnten die richtigen Mittel und Orte sein. Innerhalb der Kirchengebäude ist nur stark gefiltert wahrzunehmen, wie Mensch und Welt von heute ticken.
Was würdet ihr Euch wünschen in unseren Seelsorgeeinheiten?
GS: Ich habe nicht den einen Wunsch. Eine Herausforderung ist momentan, dass bewährte Projekte wie soziale Treffpunkte trotz der pandemiebedingten Auflagen weiterhin laufen oder wieder ins Laufen gebracht werden. Ich wünsche mir, dass sich bietende Chancen am Schopf gepackt werden, und die vorhandenen Ressourcen fürs Gemeinwohl eingesetzt werden.
DW: Corona war ein Schnitt und ist immer noch eine Herausforderung. Wir müssen stets neu überprüfen, was es jetzt in der aktuellen Situation braucht, wo der Schuh drückt. Das kann auch Veränderungen bedingen. Ich habe etwas Angst davor, dass sich immer mehr Menschen von einem sozialen Engagement verabschieden. In einigen Mit-mir-Projekten hat es momentan beispielsweise weniger interessierte Freiwillige als wir interessierte Patenkinder haben. Das war sonst genau umgekehrt.
Was ist der Grund?
GS: Vielleicht ist es auch Ausdruck für eine pandemiebedingte grundlegende Veränderungen in der Freiwilligenarbeit. Menschen, die sich über viele Jahre engagierten, fragten sich während einer coronabedingten Pause vielleicht: Passt dieses Engagement eigentlich noch zu mir? Passt es zu dem, was ich mitbringe, oder habe ich vielleicht gar noch was anderes zu geben? Ist es das, was ich möchte? Diese Unterbrechung kann dazu führen, dass Freiwillige abspringen und das ist ihr gutes Recht. Wir als Verantwortliche für Projekte müssen uns im Gegenzug fragen, was wir den Menschen bieten können, die sich engagieren. Welche Möglichkeiten zur eigenen Verwirklichung, welche bereichernden Erfahrungen, welche Anerkennung, welche Möglichkeiten zur eigenen Weiterentwicklung.
Zurück zu Projekten…
DW: Wenn ich an Weihnachtsprojekte denke, dann sind es die kleineren Aktionen, beispielsweise der umgekehrte Adventskalender. 24 Päckli werden in der Adventstzeit gepackt und im Januar wird alles in einem grossen Paket an Armutsbetroffene verschenkt. Die Diakonie-Animation verteilte im Vorfeld der Aktion Listen von sinnvollen Geschenken wie lange haltbare Lebensmittel und Angaben über die Empfangenden, beispielsweise ob sie Kinder haben und in welchem Alter, alles unter strenger Einhaltung von Datenschutz und Persönlichkeitsrechten. Mehrheitlich kam eine gute Mischung zwischen Verbrauchs- und Gebrauchsgegenständen zusammen.
Die Aktion scheint für beide Seiten bereichernd zu sein.
DW: Durchaus. Eine Mutter erzählte vom Ritual immer am Sonntag zu überlegen, was für die nächste Woche eingepackt werden sollte. Plötzlich übernahmen die Kinder ihre Päckli selbst. Oder ein Ehepaar, sie sehr engagiert im kirchlichen Umfeld, er weniger und eher kritisch. In der Adventszeit kam plötzlich vom Mann aus mit viel Begeisterung ein Engagement zustande.
In Uznach war die Stelle Diakonie-Animation erst gerade vakant. Ist es schwierig, geeignete Mitarbeitende zu finden?
GS: Menschen, die aus dem sozialen Berufsfeld kommen, liegt es anscheinend eher fern, sich eine Arbeit in der Kirche vorzustellen. Verständlicherweise haften an der Arbeitgeberin Kirche im Allgemeinen viele negative Themen. Das kann ein Grund sein, sich nicht zu bewerben. Und in der Tat sind Sozialarbeitende bei anderen kirchlich Angestellten nicht überall gleich anerkannt, obwohl es eine lange Tradition kirchlicher Sozialarbeit gibt. Diese Berufsgruppe nimmt eine wichtige Funktion ein, wenn es darum geht, dass die Kirche vor Ort auf die lokalen sozialen Nöte gut reagieren kann.
Diakonie ist an vielen Orten drin, an denen Kirche nicht so sehr spürbar ist und die auch nicht als Diakonie in den Jahresberichten des Katholischen Konfesssionsteils oder der Kirchgemeinden aufscheinen.
DW: Auf jeden Fall. Soziales Engagement gibt es in vielfältiger Weise. Spontan kommen mir als Beispiele in den Sinn: die Fachstelle Mütter in Not des Katholischen Frauenbundes St.Gallen-Appenzell, oder die Sozialarbeit an den Berufsschulen, oder auch die vielen Projekte aus dem Jugendbereich. Die sind nicht immer gleich als kirchliches Engagement erkennbar, aber dennoch wird hier diakonisch gehandelt.
GS: Das sind doch gute Beispiele dafür, dass wir ein stimmiges Verständnis noch finden müssen, was es heute bedeutet, Kirche zu sein. Kirchliches Leben spielt sich eben nicht mehr zentral an einer für alle sichtbaren Stelle ab. Christsein geschieht gerade an vielen Orten mitten in der Welt, oft unsichtbar und ohne dass es eine «Kommandozentrale» braucht.