Heute Donnerstag, 5. Februar, hat sich der Ordinariatsrat (die Bistumsleitung) aufgrund der jüngsten Entwicklungen mit der Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Pius-Bruderschaft und gleichzeitig mit der unsäglichen Leugnung des Holocaust durch den Lefebvre-Bischof Richard Williamson befasst.
Die Aufhebung der Exkommunikation für vier Bischöfe der Pius-Bruderschaft durch den Vatikan erfolgte ohne Vorankündigung an die Schweizer Bischofskonferenz. Sie wurde durch eine Indiskretion gegenüber einer italienischen Zeitung bekannt und zwei Tage später, am 24. Januar, durch den Heiligen Stuhl offiziell bestätigt.
Die Bischöfe der Pius-Bruderschaft sind – und dazu bestehen gegenwärtig einige Missverständnisse und Unsicherheiten – nach wie vor nicht anerkannt als Bischöfe der römisch-katholischen Kirche. Ihre (persönliche) Exkommunikation ist zwar aufgehoben, dies ist aber nur ein erster Schritt, um überhaupt Gespräche über eine Versöhnung mit unserer Kirche zu ermöglichen. Die Bischöfe bleiben weiterhin suspendiert und dürfen ihr Bischofsamt nicht ausüben.
Eine gänzliche Versöhnung ist bis heute nicht möglich. Denn die vier Bischöfe haben in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie und die Bruderschaft Pius X. grundlegende Erklärungen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnen. Unter anderem die Erklärung "Nostra aetate" über die Beziehungen der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen und im besonderen zum Judentum. Dies wurde durch die Pius-Bruderschaft auch in der vergangenen Woche nicht widerrufen.
Wir erwarten, dass die Bischöfe und Priester der Pius-Bruderschaft glaubwürdig erklären, dass sie das Zweite Vatikanische Konzil und insbesondere die in der Erklärung "Nostra aetate" festgeschriebene positive Einstellung zum Judentum annehmen.
Hohe Wellen geworfen haben zusätzlich die absurden, menschenverachtenden und gegen jedes Geschichtsverständnis geäusserten Behauptungen von Richard Williamson zum Holocaust. Sie sind inakzeptabel! Am Mittwoch, 4. Februar, hat der Vatikan den Traditionalisten-Bischof zu einem öffentlichen Widerruf seiner Holocaust-Leugnung aufgefordert. Ohne eine absolut unmissverständliche und öffentliche Distanzierung werde Williamson keine Zulassung zu bischöflichen Aufgaben in der Kirche erhalten, teilte das Staatssekretariat mit.
Wir begrüssen diese deutlichen Worte. Auch wenn wir von Anfang an überzeugt waren, dass Papst Benedikt XVI. eine positive Einstellung zum Judentum hat und dass er diese unhaltbaren Behauptungen nie dulden wollte, hätten wir uns diese deutliche Aufforderung zum öffentlichen Widerruf früher gewünscht.
Es ist selbstverständlich, dass wir mit der jüdischen Gemeinde in St. Gallen wie bis anhin ein sehr freundschaftliches und wertschätzendes Miteinander pflegen werden. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinden bitten wir um Entschuldigung für die Verletzungen und Irritationen, die in den letzten Tagen entstanden sind.
Im Verhältnis zwischen unserem Bistum und der Pius-Bruderschaft ändert sich durch diesen ersten Schritt des Papstes gar nichts, z.B. in Bezug auf Sakralräume, die wir nach wie vor nicht zur Verfügung stellen. Die Pius-Bruderschaft gilt nach wie vor als schismatische Gruppierung. Sie wird weder personell in die Seelsorge unseres Bistums integriert noch finanziell unterstützt.
Der Papst hat lediglich eine Türe in Richtung Versöhnung geöffnet. Die nächsten Schritte müssen die Bischöfe und die Priester der Pius-Bruderschaft tun. Die Aufhebung der Exkommunikation ist erst die Ermöglichung notwendiger Gespräche über die erwähnten Fragen. Angesichts der grossen Differenzen kann dieser Weg noch sehr lange sein.