Kapuzinerinnen vom Kloster Maria der Engel verabschieden sich von der Bevölkerung
WATTWIL. Als schwierig und schmerzlich beschrieb Bischof Markus Büchel den Abschied der Kapuzinerinnen, sie seien eines Herzens und einer Seele mit ihrem Kloster. Dankesworte für das segensreiche Wirken der Gemeinschaft standen im Mittelpunkt der Feier, die so gut besucht war, wie sonst die Mitternachtsmesse an Weihnachten.
Mindestens 500 Mitfeiernde und viele Gäste zeigten, wie sehr die Schwestern geschätzt werden. Ein schönes Zeichen war, dass Schwestern aus den zukünftigen Gemeinschaften sowie Brüder des Kapuziner-Ordens teilnahmen, unter ihnen der Spiritual des Klosters, Pater Egon Keller, Wil, sowie Ephrem Bucher, Provinzial der Schweizer Kapuziner. Die Patres, die ehemaligen Wattwiler Pfarrer Franz Müller und Alfons Sonderegger sowie der mitarbeitende Priester Peter Imholz zelebrierten mit Bischof Markus Büchel den Gottesdienst, für dessen Vorbereitung Ottmar Hetzel, Pfarreibeauftragter a.i. zuständig war. Der Kirchenchor ehrte die Schwestern mit feierlichem Gesang.
Es muss weitergehen
Bischof Markus Büchel sagte in seiner Predigt, dass das Kloster viel mehr sei als ein schöner Gebäudekomplex und ein Wahrzeichen für Wattwil. Es sei ein Ort des Vertrauens, der offenen Türen und der offenen Herzen gewesen. Viele Menschen hätten Hilfe und Trost im Kloster gefunden und ihre Gebetsanliegen deponiert. „Jedes Kloster ist eine spirituelle Brücke für die Menschen“, betonte der Bischof. Lange pflegten die Schwestern ewige Anbetung. „Es war doch wunderbar zu wissen, dass 24 Stunden, Tag und Nacht, immer jemand betet über dem Dorf“, wandte er sich an die Gläubigen. „Dass das Kloster nun bald nicht mehr ‚durchbetet’ ist, darf nicht bedeuten, dass alles aufhört“, mahnte der Bischof. Vielmehr liege es jetzt an allen, bewusst zu anbetenden Menschen zu werden. Dieser Geist könne weiterleben, auch wenn die Schwestern ausgezogen seien. „Nehmen Sie sich jeden Tag einen Moment der Stille, entdecken Sie für sich die Kraft des Gebetes, auf dem Weg zur Arbeit, daheim, in einer Kirche, irgendwo“, forderte Markus Büchel auf. „Werden Sie zu anbetenden Menschen.“ Auch der Bischof dankte den Schwestern herzlich für ihr Wirken. Zudem zeigte er sich sicher, „dass ihre Gebete uns auch künftig treffen werden.“
Viele Dankesworte
Nach dem Gottesdienst wurden Grussworte an die Schwestern gerichtet (siehe auch Kasten). Administrationsrat Lothar Bandel sprach in Vertretung von Margrit Stadler-Egli. Er sehe in der Klosterschliessung nicht nur einen Schlussstrich, sondern die Aufforderung, Berufungen zu achten, nie zu belächeln und in Laufbahnberatungen als möglichen Weg zu erwähnen. Ottmar Hetzel, Pastoralassistent, dankte im Namen der Pfarrei und wünschte den Schwestern, dass sie andernorts ihren hoffnungvollen Weg weitergehen. Gemeindepräsident Alois Gunzenrainer blickte zurück auf die Geschichte und erwähnte gleichzeitig, wie sehr sich die Schwestern immer für das Geschehen im Dorf Wattwil interessiert hätten. Nun werde ein Kapitel geschlossen und für die Klosteranlage ein neues begonnen. Zum Schluss dankte er den Schwestern für alles Gute, dass sie gewirkt haben, mit einem treffenden Zitat: „Grösse ist, wenn man das leise tut, was die anderen laut sagen.“
Im Mittelpunkt wie noch nie
Mit einem Apéro ging die Feier weiter. Umarmungen, Geschenke, Dankesworte und Abschiedstränen – die Schwestern standen im Mittelpunkt wie wohl noch nie in ihrem Leben. Alle wünschten ihnen nur das Beste. Sr. Johanna, Sr. Maria und Sr. Bernadette ziehen um ins Kloster Maria Hilf, Altstätten, Sr. Antonia ins Kloster Leiden Christi, Jakobsbad. Nur noch kurze Zeit werden die vier in Wattwil sein, dann sind die Umzugskisten gepackt und es heisst endgültig Abschied nehmen. Fraumutter Andrea, Sr. Immaculata und Sr. Aloisia waren nicht anwesend, sie leben bereits im Pflegeheim der Schwestern von Menzingen. Die Jahrhundertelange Geschichte des Wattwiler Klosters geht zu Ende.
Speziell den Einheimischen aus dem Herzen sprach Kirchenverwaltungsrat (KVR) Markus Schönenberger. Die Schliessung des Klosters gehe nicht spurlos an ihm vorbei, betonte der Wattwiler. Er erinnerte sich an ein Gespräch mit Fraumutter Andrea: „Wüsset Sie, wenn de Herrgott meint, es brucht üs nüme do, denn bruchts üs nüme.“ Die Schliessung komme nicht überraschend und doch bewege sie die Menschen und stimme traurig. Markus Schönenberger erinnerte sich an seine ersten Besuche im Kloster. Die Schwestern blieben über lange Zeit nur schemenhaft sichtbar hinter der Pforte. Im Gottesdienst waren über Jahrhunderte ihre Stimmen zu hören, die Kapuzinerinnen feierten aber für die Gläubigen unsichtbar auf der Empore. „Liebe Schwestern, wir sahen sie selten, aber sie waren uns Wattwilern und Wattwilerinnen immer sehr nahe“, sagte der Vizepräsident des KVR. Auch er dankte den Schwestern ganz herzlich für ihr Wirken. Pfarreisekretärin Hedwig Eicher übergab im Auftrag des KVR allen Schwestern eine warme Decke, bunt bestickt mit dem Toggenburg-Signet als Erinnerung an die „alte Heimat“ im Thurtal.
Der evangelisch-reformierte Pfarrer Hans Jörg Fehle hatte seit 2006 zehnmal mit Menschen verschiedener Konfessionen und mit kirchenfernen Menschen Schweigewochen im Kloster Maria der Engel durchgeführt. Die Gastfreundschaft der Schwestern und die besondere Atmosphäre des Klosters haben ihn wie die Teilnehmenden der Schweigewochen tief beeindruckt. Die persönlichen Worte wiesen auf die gute Beziehung hin, die in den Jahren zwischen den Schwestern und dem Pfarrer der Reformationskirche entstanden ist. Auch ihm fällt der Abschied von den Kapuzinerinnen nicht leicht. Hans Jörg Fehle erwähnte in seiner Rede die dunklen Wolken, die sich in der Reformationszeit über der Gemeinschaft zusammenballten und entschuldigte sich für Leid, das damals verursacht wurde. Den Schwestern wünschte er in ihren neuen Gemeinschaften eine gute Fortsetzung ihrer Pilgerinnenschaft, die auf die Ewigkeit hinführe. „Hier (auf der Erde) gibt es für uns alle nur vorläufige Stationen“, betonte Hans Jörg Fehle. Er bat die Schwestern, den Menschen im Toggenburg auch künftig durch ihr Gebet beizustehen.