Am Sonntag, 12. Oktober, wird Mutter Maria Bernarda Bütler in Rom durch Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen. Ihr Ordensleben begann die am 28. Mai 1848 in Auw (AG) geborene Ordensfrau mit 19 Jahren in Altstätten. 1888 zog sie mit sechs Mitschwestern nach Lateinamerika, ihr eindrückliches Werk zugunsten der Armen lebt bis heute weiter.
Sr. Maria Bernardas Fähigkeiten fallen der damaligen Oberin von Altstätten früh auf. Schon drei Jahre nach dem Klostereintritt wird Sr. Maria Bernarda zur Verwalterin und Ökonomin bestimmt, 1880, erst 32-jährig, wird sie Oberin des Klosters Maria Hilf. Die Gemeinschaft ist damals überaltert und mit Feldarbeit überlastet. Mutter Maria Bernarda setzt auch gegen Widerstände Reformen durch, das Kloster wird für junge Schwestern wieder attraktiv. Neueintritte sind die Folge und die erste Neugründung in Lateinamerika wird möglich.
Mausarm nach Ecuador
Mit sechs Mitschwestern reist Mutter Maria Bernarda 1888 mausarm und ohne Sprachkenntnisse nach Ecuador. 1895 erschüttert eine Revolution das Land, die Schwestern fliehen nach Kolumbien. In Cartagena beginnt die Gemeinschaft in einem abbruchreifen Frauenspital wieder von vorne. Die Schwestern pflegen wie zuvor in Ecuador Kranke und gründen Schulen für Arme. Mutter Maria Bernarda hat ein weltweites Herz, sie wirkt praktisch am Krankenbett und durch ihre Gebete für Familien, Kinder, Arme, Kranke. Während des 1. Weltkrieges betet die Missionarin für die sterbenden Soldaten. Für sie verkürzt sie die sowieso schon kurzen Schlafzeiten.
Saat geht auf
Die Saat geht auf, Gesuche um Neugründungen in ganz Lateinamerika häufen sich. Die 1889 ins Leben gerufene „Kongregation der Missionsschwestern von Maria Hilf“ ist bis heute in verschiedenen Staaten Lateinamerikas tätig. Schwerpunkt der Aufgaben liegt im Gesundheitswesen, in Schulen, der Ausbildung von Mädchen und Frauen und in der Betagten- und Behindertenpflege. Die Ordensfrauen wollen da sein, wo die Ärmsten leben – damals und bis heute. 720 Ordensfrauen in Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und auf Kuba gehören 2008 zur Kongregation. Der Hauptsitz des Ordens ist im kolumbianischen Bogota.
Die deutschsprachige Provinz wird von Frastanz/Vorarlberg aus geleitet, Provinzoberin ist Sr. Consilia Hofer. „Lebte Sr. Maria Bernarda heute unter uns, sie würde sich für Aidskranke einsetzen und in den Favelas der grossen Städte für Verlassene da sein“, sagt sie. Die 67-jährige Südtirolerin hat bereits an der Seligsprechung von Mutter Maria Bernarda Bütler 1995 teilgenommen und wird am 12. Oktober wieder in Rom mitfeiern. Aus dem Rheintal nimmt eine beachtliche Pilgerschar an der Heiligsprechung teil, Bischof Markus Büchel wird ebenfalls in die Ewige Stadt reisen. Die grösste Gruppe wird aber aus Lateinamerika erwartet, wo „Madre Maria Bernarda“ sehr verehrt wird.
Tausende beim Begräbnis
Als die Ordensgründerin am 19. Mai 1924 im 76. Altersjahr in Cartagena stirbt, sagen die Menschen: „Heute ist eine Heilige gestorben“. Tausende geben ihr das letzte Geleit und der Zustrom zu ihrem Grab ist bis heute ungebrochen gross. Tag für Tag kommen Pilger, sie beten zu ihr und erfahren Stärkung und Hilfe. Hätte Mutter Maria Bernarda Bütler in der modernen Medienwelt gelebt, in der aussergewöhnliche Menschen rund um den Erdball berühmt gemacht werden – vielleicht würde die bescheidene Ordensfrau aus Altstätten mit Mutter Teresa von Kalkutta verglichen.
Offene Türen im Kloster Altstätten
Zur Heiligsprechung gibt es im Heimatkloster von Mutter Maria Bernarda Bütler Nachfeiern: Am 24. Oktober, 17.30 Uhr, findet in der Klosterkirche Maria Hilf in Erinnerung an Mutter Maria Bernarda Bütler eine festliche Eucharistiefeier statt. Am Sonntag, 9. November hält Bischof Markus Büchel in der Altstätter Pfarrkirche St. Nikolaus das Festamt. Danach sind die Gottesdienstbesucherinnen und –besucher zu einem einfachen Mittagessen ins Festzelt beim Kloster eingeladen. Die Kapuzinerinnen zeigen eine Tonbildschau und öffnen die Türen des Klosters für einen Rundgang. Zum Abschluss des Tages feiert Bischof Markus Büchel um 15.30 Uhr eine Pontifikalvesper in der Klosterkirche.
Selig- und Heiligsprechung
Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz sind bis jetzt im Jahre 1047 die St. Galler Reklusin und Märtyrerin Wiborada (als erste Frau überhaupt) und 1947 Niklaus von Flüe heiliggesprochen worden. Der Schweizer Einsiedler, Mystiker, und Friedensstifter, der 1417 auf dem Flüeli bei Sachseln im Kanton Obwalden geboren wurde und am 21. März 1487 in der Ranftschlucht starb, musste lange auf seine Heiligsprechung warten. Begonnen hat die Heiligenverehrung mit den ersten Märtyrern der Urkirche, an der Stelle ihres Martyriums wurden oft Kirchen errichtet. Das berühmteste Beispiel ist der Petersdom in Rom der mit hoher Wahrscheinlichkeit an jener Stelle errichtet wurde, an der Petrus am Kreuz starb. Die erste Heiligsprechung soll im Februar 993 von Papst Johannes XV. verkündet worden sein, bis heute sind es mehrere tausend Selig- und Heiligsprechungen. Nach einem komplizierten kirchenrechtlich vorgegebenen Verfahren kann der jeweilige Papst jeden Menschen heiligsprechen. Wenn kein Martyrium der Todesgrund ist, muss für eine Heiligsprechung ein Heilungswunder vorliegen – so wie bei Mutter Maria Bernarda. Die Ärztin Mirna Jazmine aus Cartagena war von einer todbringenden, unheilbaren Lungenkrankheit befallen und durch die Fürsprache von Mutter Maria Bernarda Bütler spontan genesen. Bei der Untersuchung der Wunder gelten sehr strenge Kriterien: Nach dem aktuellen Stand der Medizin muss eine Krankheit als unheilbar gelten, die Heilung darf medizinisch nicht erklärbar sein. Die Selig- oder Heiligsprechung bedeutet nicht, dass eine Person „in den Himmel versetzt“ wird. Die Kirche bezeugt damit ihr Vertrauen, dass ein Mensch die Vollendung bei Gott bereits erreicht hat. Heilige werden von den Gläubigen vor allem als "Fürsprecher/-innen" verehrt, manche haben bestimmte "Zuständigkeiten": Der Heilige Blasius wird beispielsweise bei Halskrankheiten angerufen.