Loben und murren – beides hat Platz
Äbtissin Sr. M. Bernarda Meile tritt nach 25 Jahren zurück
OBERBÜREN. Am vergangenen Freitag, 22. März, legte die Äbtissin des Klosters St. Gallenberg ihre Amtsinsignien ab. Sr. M. Bernarda möchte im Alter von 72 Jahren kürzer treten und übergibt ihr Amt nach 25 Jahren an eine Mitschwester. Ihre Nachfolgerin wird in den nächsten Wochen gewählt.
Am 23. März 1988 wurde Sr. M. Bernarda zur Konventualpriorin gewählt, am 27. April 1994 zur Äbtissin. Die Weihe durch Bischof Otmar Mäder erfolgte am 4. Juni. In einem Vierteljahrhundert hat Sr. M. Bernarda viel erlebt und manches bewegt. Die Benediktinische Spiritualität zu vertiefen durch Impulse, Ansprachen, Tischlesungen und Einkehrtage war ihr ein grosses Anliegen. Sr. M. Bernarda und ihre Mitschwestern passten das Zusammenleben massvoll der heutigen Zeit an. In vielen Konventsitzungen wurde diskutiert und gerungen.
Vom Sie zum Du
„Vor zehn Jahren haben wir den Schritt vom Sie zum Du gemacht“, erzählt Sr. M. Bernarda. In der Entscheidungsfindung habe eine Mitschwester gesagt: „Wir sind in unseren Gebeten mit dem Herrgott per Du, dann können wir es auch untereinander sein!“. Das war ein wichtiger Impuls zum Ja der Gemeinschaft. „Wir haben uns umarmt und das Du mit dem Herrgott würdig gefeiert“, erinnert sich die ehemalige Äbtissin. Ebenfalls eine Anpassung an die heutige Zeit und an die Bedürfnisse der Schwestern war die Einführung von zehn Ferientagen. Den Weg mit den Schwestern zusammen zu gehen war der Äbtissin stets wichtig, gerade in Konfliktsituationen. „Die gibt es selbstverständlich, wir sind nur Menschen“, sagt Sr. M. Bernarda und lacht herzlich. Und im Kloster leben zwei Generationen zusammen – vier jüngere Schwestern zwischen 43 und 51 Jahren und fünf über 70-jährige. Sr. M. Bernarda erzählt von den monatlichen Zusammenkünften unter dem Titel „miteinander auf dem Weg“. „Da dürfen wir loben und murren“. Die Gemeinschaft ist kleiner geworden. In der Amtszeit von Sr. M. Bernarda stehen 17 Todesfälle vier Neueintritten gegenüber. „Das macht das Zusammenleben nicht einfacher“, weiss die Ordensfrau.
Angestellte und Ehrenamtliche
Während die Zahl der Ordensleute abnimmt, steigt die Zahl der Angestellten im Kloster und die Benediktinerinnen dürfen auf viele Ehrenamtliche zählen. Auf der Glattburg wird die ewige Anbetung gepflegt. 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche, beten Menschen in der Klosterkirche. Die Gemeinschaft kann dies nicht allein leisten, seit 1999 helfen ehrenamtliche Laien. Die Schwestern hatten gegenüber dieser Idee ihrer Äbtissin anfänglich Bedenken, fürchteten um Ruhe und Privatsphäre. Unterdessen sind es 65 Gläubige, die bei Tag und bei Nacht „Bet-Schichten“ übernehmen. Schwestern wie Beterinnen und Beter erfahren dieses Miteinander als segensreiche, wertvolle Bereicherung.
Gemäss dem Benediktinischen „ora et labora“ – bete und arbeite – ist jedes Kloster spirituelles Zentrum, aber auch ein Betrieb, der professionell geführt sein will um der Gemeinschaft die notwendigen Mittel zum Leben zu erhalten. Der Unterhalt der Gebäude ist aufwändig, die Finanzen knapp. Äbtissin Sr. M. Bernarda hat viele Renovationen erlebt. Dächer mussten saniert werden, um Energie zu sparen wurden Fenster mit Dreifach-Verglasung eingebaut. Im Jahr 2000 ging die Landwirtschaft zuerst im Pachtverhältnis, 2012 dann im Baurecht an den Pächter über. Ein renoviertes Haus auf dem Gelände mit drei Wohnungen bringt dem Kloster ein regelmässiges Einkommen.
Gemeinschaft als Familie
Dass die Benediktinnerinnen immer weniger werden ist für Sr. M. Bernarda eine schwierige Erfahrung. Erst im November 2012 musste sie Abschied nehmen von ihrer Cousine Sr. Josefa. Sie durfte daheim sterben, die Gemeinschaft auf der Glattburg ist die Familie der Schwestern und in gewisser Weise erlebt die ehemalige Äbtissin die Seelsorge und das Gebet für die Menschen und ihre Anliegen als „Geistige Mutterschaft“. 2014 wird sie die Goldene Profess feiern. Am 17. Oktober 1963 ging sie auf dem Stoffel / Mosnang aus der Stube ihres Elternhauses und wusste: hierhin komme ich nie mehr zurück. Es war ein Gefühl von grosser Freude und grossem Schmerz. Besuche daheim waren damals nicht vorgesehen. Und sie nahm zugleich Abschied von ursprünglichen Lebensträumen. „Ich wollte heiraten, Bäuerin werden und Kinder haben“, erzählt Sr. M. Bernarda. Der innere Ruf ins Kloster wurde in der jungen Frau immer stärker. „Ich habe gezappelt wie ein Fisch auf dem Trockenen, bis ich nachgegeben habe“, veranschaulicht die Ordensfrau. Nach zwei Jahren innerem Kampf trat sie als Kandidatin ins Kloster Glattburg ein, das tiefe Glücksgefühl in der Feier der Ewigen Profess 1967 ist ihr bis heute erhalten geblieben. Was braucht es heute, dass junge Frauen sich für das Ordensleben entscheiden? „Mut und Freude, Offenheit für die Berufung – und unser glaubwürdiges Zeugnis“, sagt Sr. M. Bernarda. Nicht zuletzt dadurch, wird sie ihrem Kloster weiterhin dienen, seit Freitag wieder in den Reihen der Schwestern. (Sabine Rüthemann/inf.)
Bilder: Die langjährige Äbtissin des Klosters St. Gallenberg, Sr. M. Bernarda Meile, hat ihr Amt niedergelegt.
Bilder: Sabine Rüthemann