Junge Menschen zu motivieren, die Zukunft der Kirche im Bistum St.Gallen mitzugestalten war Ziel von «Churching», einem Strategieworkshop mit 25 jungen Erwachsenen. Deutlich wurde: Gemeinschaft und Austausch sind zentrale Anliegen der jungen Menschen. Die Meinungsunterschiede zu kirchlichen Themen gross, vom Wunsch nach deutlichen Veränderungen der kirchlichen Sexuallehre bis zu: «für mich gehen Frauen am Altar gar nicht!». Erfreulich war: alle haben einander zugehört und einander «leben lassen», ein gutes Beispiel, wie in der Kirche Diversität gelebt und gepflegt werden kann.
Elena Furrer, Fachbereich junge Erwachsene und Berufung im Bistum St.Gallen und Philipp Wirth, akj Rorschach, waren in Co-Leitung für Churching zuständig. Es war ein Prozess mit gesamt drei Netzwerktreffen. Mitgeleitet am dritten Anlass hat auch die Theologin Ines Schaberger, Geschäftsführerin des Jubiläums 175 Jahre Bistum St.Gallen. Churching vor der Nacht der Lichter am vergangenen Samstag war der letzte Jubiläums-Anlass 2022. Teilnehmende am Workshop waren unter anderen eine Firmgruppe aus der Seelsorgeeinheit Buechberg sowie junge Erwachsene, die sich bereits in mehreren Netzwerktreffen engagiert hatten.
Frust und Freude
An verschieden Stationen gab es Gelegenheit, Frust, Freude und Wünsche festzuhalten. In der «Kotz-Ecke» wurden traditionelle Gottesdienste regelrecht zerzaust mit Posts wie: zu ernst, zu lang, langweilig, in der Kirche ist es nie lustig, der Bezug zu alltäglichen Themen fehlt oft. Wünsche an die Kirche wurden auf ein blütenweisses Tischtuch geschrieben. Mehr Räume für Experimente, Offenheit und Gleichberechtigung aller sexueller Orientierungen oder mehr Aktivität, Bewegung und Diskussion im Gottesdienst war da unter anderem zu lesen.
Speak Dating
Eine Interessante Erfahrung für Entscheidungsträger wie junge Menschen war das «Speak Dating». Bischof Markus Büchel, Administrationsrat Hans Brändle, Beat Aepli und Franziska Aberer, beide im Seelsorgerat, Gisela Schönenberger vom Kirchgemeindeverband, Dominik Michel-Loher oder Sabine Rüthemann (Ordinariat) kamen mit den Teilnehmenden ins Kurzgespräch. Fragen wie «wie würdest Du einem Alien die Kirche erklären?», «Was ist Dir wichtig an der Kirche?» oder «Hat die Kirche Zukunft?» forderten zum kurzen, spontanen Austausch heraus. Auch hier war die Bandbreite überraschend: «Für mich ist die Begegnung mit Jesus in der Eucharistie zentral», sagte eine Teilnehmerin. Ein junger Mann sah sich eher am Lagerfeuer im Wald mit kurzen, spirituellen Inputs und anschliessendem Wurstbraten. Wesentlicher Teil des Treffens war, konkrete Projekte die bereits vorbereitet waren zu priorisieren mit dem klaren Ziel, die Siegerprojekte auch umzusetzen. Gewonnen haben ein lokales Projekt mit regelmässigen Treffen bei Spiel, Essen oder Film. Und «Gottesdienst plus X», also nicht einfach auseinandergehen nach dem Gottesdienst, sondern noch etwas unternehmen.
Einfach machen!
Elena Furrer zeigte sich nach dem vorerst letzten Netzwerktreffen von Churching zufrieden. Für sie wurde deutlich, dass die jungen Erwachsenen sich nicht etwas gänzlich Neues wünschen, sondern Gefässe, um Spiritualität und Gemeinschaft zu verbinden. «Einfach machen!», lautete die Aufforderung zur Umsetzung der Siegerprojekte. Bischof Markus Büchel freute sich wie alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger über das Treffen mit den jungen Menschen, insbesondere über das «Speak Dating». Er hofft, dass die jungen Menschen tatsächlich etwas Eigenes auf die Beine stellen, finanzielle Mittel und Räume wären vorhanden. Um die Projekte längerfristig zu pflegen braucht es zusätzlich Leitung/Anleitung durch kirchlich Engagierte und die Fähigkeit, Beziehungen zu pflegen mit den jungen Menschen. «Nach den Jugendtreffs für Teenager und nach Firmung 18+ gibt es momentan (fast) nichts mehr», erklärt sie. Das soll sich ändern. Gesucht sind engagierte Freiwillige aus der Altersgruppe 18-35 wie kirchliche Mitarbeitende, die an den jeweiligen Orten mithelfen Aufbauarbeit zu leisten. Firmung 18+ wird mit «my next level» beworben, «the next level» für junge Erwachsene ist noch nicht erreicht. Aber das Treffen war ein hoffnungsvoller, engagierter Schritt.
Link: www.churching.ch