Am Festtag des Geweihten Lebens am Dienstag, 29. Januar 2019, gab Dr. Annette Schleinzer, eindrückliche Impulse zur französischen Mystikerin und Sozialarbeiterin Madeleine Delbrêl (1904 - 1964). Wie gewohnt, kam die Gemeinschaft der Teilnehmenden beim Mittagessen im Pfalzkeller nicht zu kurz. Abgeschlossen wurde der Feiertag für die Ordensleute am Nachmittag mit dem Gottesdienst, dem Bischof Markus Büchel vorstand.
Generalvikar Guido Scherrer begrüsste an die 100 Ordensleute und Angehörige von verschiedenen Gesellschaften Geistlichen Lebens im Klosterbezirk. Die Referentin, Theologische Beraterin des Bischofs von Magdeburg, brachte den Anwesenden an diesem Tag Leben und Werk von Madeleine Delbrêl nahe. In ihrer Jugend verstand diese sich als überzeugte Atheistin. «Gott ist tot. Es lebe der Tod!» war ihr Grundsatz. Der Schrecken des Ersten Weltkrieges sprach vermutlich aus dieser Erfahrung. Aufgrund einer Liebesbeziehung zu einem Mann, der sich schliesslich gegen sie und für den Eintritt in ein Kloster entschied, sah sie mit Anfang 20 Gott nicht mehr als «strikt unmöglich» und entschloss sich fortan zu beten. Die junge Frau erfuhr: «Gott hat mich überwältigt». «Ein Glück, das fortan für Madeleine Delbrêl nie mehr zur Debatte stand», betonte Dr. Annette Schleinzer.
Der weitere Lebensweg der Mystikerin Delbrêl, die Sozialarbeit studiert hatte, führte sie in die marxistisch geprägte Arbeiterstadt Ivry sur Seine. Hier lebte sie gemeinsam mit Gefährtinnen mitten unter den Menschen, die Türen ihres Hauses waren offen für Notleidende und Suchende. Die kleine Gemeinschaft, die mit der Zeit auf 30 Frauen anwuchs, lebte einen Rhythmus von Anbetung und Lohnarbeit in verschiedensten Berufen. «Die Frauen lebten und arbeiteten unter Armen, sie wollten Christi Gebärden der (Nächsten-)Liebe wiederholen», fasste die Referentin zusammen. Madeleine Delbrêl jammerte in einem schwierigen Umfeld mit Marxisten und Atheisten nicht über «gottlose Zeiten», sondern suchte vielmehr für sich immer neu die Konversion zu einem gesunden Glauben. «Gott im Alltag den Vorrang lassen, im ganz normalen Leben, das war ihr und den Mitgliedern der mit der Zeit auf über 30 Frauen angewachsenen Gemeinschaft wesentlich. Das bedeutete aber nicht vordringlich ein klösterliches Leben mit Stundengebetszeiten oder besonders feierlichen Gottesdiensten, keine Spiritualität wie ein Fünf-Gänge-Menue, veranschaulichte Madeleine Delbrêl. Sie verglich ihre Art des Gebetes mit einem schnellen Butterbrot, essbar überall im Alltag, in Zeitteilchen beim Warten auf einen Bus, auf dem Spaziergang an einer lärmenden Strasse oder am Kinderspielplatz. «Ihre Spiritualität war alltagstauglich, geprägt von der tiefen Sehnsucht nach Gott und ihre Mission war die ganz normale Frucht eines ganz normalen christlichen Lebens», betonte Dr. Annette Schleinzer. Sie zeigte den Zuhörenden in mehreren Impulsen viele weitere Facetten im reichen Leben der Mystikerin auf. Immer wieder, zeitlebens und bis kurz vor ihrem Tod sagte die Französin: «Ich bin von Gott überwältigt worden und bin es immer noch». Dabei sah sie sich nicht als Ausnahme, sondern war überzeugt davon, dass alle Menschen dazu berufen sind, sich von Gott finden zu lassen, im ganz banalen, alltäglichen Leben.
nachstehend die beiden Vorträge von Frau Dr. Annette Schleinzer: