Warum lässt du dich zum Diakon weihen?
Warum nicht? Die anderen Männer in der Weiterbildung zum Diakon sind lustig und ganz «normal». Dass ich Diakon werde, ist auf mich zugekommen. Mein Vater sprach mich in Deutschland immer wieder darauf an, warum ich nicht predige. Das durften dort nur Priester und Diakone. Hier in der Schweiz fragte Pfarrer Emil Hobi nach und ein befreundeter Diakon, Andreas Barth, wurde mir zum Vorbild. Am meisten freue ich mich auf die Begegnungen bei den Taufen und Hochzeiten.
Im Bistum St. Gallen haben viele Männer lange gezögert mit der Diakonenweihe...
Mir ist bewusst, dass man die Weihe zum Diakon als Affront gegen Frauen verstehen kann, die sich dazu nicht entscheiden können. Ich kenne auch Theologinnen, die eine ausserordentliche Tauferlaubnis haben, das Bistum St. Gallen ist da nicht auf den Kopf gefallen. Eigentlich ist meine Frau mehr Diakonin als ich. Sie hat einen inneren Drang, den Menschen Gutes zu tun und sich um sie zu kümmern. Der Kern der Diakonenweihe ist für mich, dass man dieselbe Arbeit macht, sich aber nochmals enger an Bischof und Kirche bindet.
Heute kirchlich engagiert zu sein ist alles andere als selbstverständlich. Warum bist du noch katholisch?
Das frage ich mich manchmal auch! Vieles, was jetzt an die Oberfläche dringt rund um die Missbrauchsmisere, zeigt, dass in der Kirche sündige Menschen sind. Es ist schlimm, die Kirche muss herunter von ihrem hohen Ross. Hinter dem Ganzen gibt es Neuaufbrüche des Heiligen Geistes. Ich glaube, dass Gott diese Kirche noch nicht verlassen hat, dass Gott hier anwesend ist und man ihn spürt – vielleicht aber nicht dort, wo man ihn zuerst sucht.
Wo suchst du Gott? Was gibt dir persönlich Kraft?
Kraft gibt mir das Gebet, die Familie als Ort der Geborgenheit und die Musik. Kraft gibt mir zudem, dass ich immer wieder den Eindruck haben darf, dass etwas aufleuchtet: Wenn im Religionsunterricht interessante Fragen gestellt werden, wenn bei einer Abdankung die Menschen Trost erfahren oder wenn ich im Gottesdienst spüre, da ist eine Spannung und Stimmung da und die Leute können beim Beten mitgehen – dann habe ich das Gefühl, dass es Sinn macht, was ich tue. In diesem Sinne bete ich vor einem Gottesdienst immer: «Herr, gib, dass ich den Menschen bei der Begegnung mit dir nicht im Weg stehe».
Was erlebst du aktuell als die grösste Herausforderung?
Die grösste Herausforderung ist, dass wir vor einer Transformation in der Kirche stehen. Wir gebärden uns ein bisschen, als wären wir eine «Volkskirche», dabei ist das längst Vergangenheit. Unsere Kirche muss, vom Geist geschenkt, auferweckt werden. Wir Haupt- und Ehrenamtliche müssen dabei Geburtshelfer sein. Das finde ich ehrlich gesagt nicht einfach. Neulich sagte die Mesmerin, sie hat das Gefühl, dass es hier tot ist. Hier oben im Oberen Toggenburg sterben die Leute, und es kommen nur vereinzelt Junge nach. Wie können wir eine neue Form finden und die sehen, die ihr Leben als Menschen aus dem Glauben heraus bewältigen wollen?
Was ist dir noch wichtig zu sagen?
Ich finde es toll, dass in unserem Bistum viele Leute mit grosser Leidenschaft engagiert sind. In den Bergen nimmt man das weniger wahr. Menschenskinder, was haben wir für gute Leute im Bistum! Es wird gesucht, gerungen um den Weg in die Zukunft. Da kommt uns zu Gute, dass das Bistum so klein ist. In der Vorbereitung auf die Diakonenweihe war für mich ein Highlight, dass man dem Bischof so persönlich begegnen darf, dass er so wohlwollend und «normal» ist.
Dieses Interview ist ein Teil der Serie «Menschen aus dem Bistum St. Gallen».
Einladung zur Diakonenweihe
Am Samstag, 09. Juli 2022 um 10.00 Uhr weiht Bischof Markus Büchel folgende Männer zu ständigen Diakonen:
- Richard Burki, Seelsorgeeinheit Werdenberg
- Michael Nolle, Seelsorgeeinheit Oberes Toggenburg
- Martin Rusch, Seelsorgeeinheit Gossau
- Robert Schätzle, Seelsorgeeinheit Rapperswil-Jona