Am Dienstagnachmittag, 12. Juli, ist der emeritierte Bischof Dr. Ivo Fürer, geboren am 20. April 1930, in seinem 93. Lebensjahr nach längerer Parkinsonerkrankung verstorben. Ivo Fürer war von 1995 bis 2006 Bischof des Bistums St.Gallen. Seine Verdienste gehen aber weit darüber hinaus. Der Trauergottesdienst wird am kommenden Montag, 18. Juli, 10 Uhr, in der Kathedrale St.Gallen, gefeiert.
Kirche mit den Menschen zu gestalten, war sein Herzensangelegenheit. Mit grosser Geduld und Zufriedenheit verbrachte er seine letzten Jahre in der Seniorenresidenz Vita Tertia Gossau, gut betreut von seinen Angehörigen. Bis vor wenigen Tagen verfolgte er noch mit Interesse die aktuellen Entwicklungen in Kirche und Welt. Das Leben und Wirken von Bischof Ivo Fürer ist so vielseitig und reichhaltig wie die Kirche selbst.
In einer bewegten Zeit
Am 20. April 1930 wurde er als ältester von drei Buben in Gossau (SG) geboren. Ivo Fürers Wirken als Priester und Bischof fiel in eine kirchlich bewegte Zeit. Als junger Priester erlebte er den Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils, Bischof Josephus Hasler nahm ihn als Berater mit nach Rom. Als Bischofsvikar wagte Ivo Fürer den Mutakt der Synode 72 und war stets bestrebt, die Beschlüsse des Vatikanischen Konzils in die Pfarreien des Bistums hinauszutragen. Als Generalsekretär des CCEE, Rat der Europäischen Bischofskonferenzen mit Sitz in St.Gallen (1977–1995) knüpfte der Theologe und Kirchenrechtler ein grosses, tragendes Netzwerk von Beziehungen, das weit über viele Grenzen hinaus reichte und ihn mit der vielgestaltigen ökumenischen Welt Europas verbunden hat. Seine vielen Reisen führten ihn in die Oststaaten, dies in einer Zeit, in der der Eiserne Vorhang sich langsam lichtete, es aber immer noch sehr schwierig war, Reisevisen zu erhalten. Unter seiner Leitung wurden bedeutende Ökumenische Versammlungen durchgeführt, wie zum Beispiel Basel oder Riva del Garda/Trient.
Fachgremium Übergriffe gegründet
Dieses hohe Mass an Erfahrung stellte er schliesslich von 1995 bis 2006 als Bischof in den Dienst der Kirche des Heiligen Gallus. Bedeutende Veränderungen wie die Einführung von Firmung 18+ oder die Gründung von Seelsorgeeinheiten wurden im Bistum St.Gallen von ihm eingeleitet und umgesetzt. Ivo Fürer war Visionär, Diplomat, Vordenker und ein mutiger Kirchenmann, der sich nicht scheute, im Vatikan wie daheim in St.Gallen Probleme anzusprechen und anzupacken. 2002 gründete er nach einem Missbrauchsfall im Bistum St.Gallen das Fachgremium gegen sexuelle Übergriffe, vermutlich als weltweite Pioniertat in einer Zeit, als diese Thematik noch zu sehr unter dem Deckel gehalten wurde.
Bischof Ivo hat ein halbes Jahrhundert kirchlicher Entwicklungen nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet. Er war ein Aktivmitglied der Kirchengeschichte. Für sein unermüdliches Engagement zur praktischen Umsetzung der Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils auf der diözesanen, schweizerischen und europäischen Ebene wurde ihm 2005 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Fribourg verliehen, zudem ist er Ehrensenator der Universität St.Gallen.
Allen Menschen respektvoll begegnet
«Dem Volk Gottes dienen» lautete der Wahlspruch von Ivo Fürer bei der Bischofsweihe. Und er lebte auch danach. Stets näherte sich Ivo Fürer den Menschen mit grosser Achtsamkeit. Er zollte allen seinen Respekt, überkonfessionell, interreligiös, und nicht nur auf die damals noch als katholische Partei betrachtete CVP beschränkt. Oder wie es die einstige St.Galler Regierungsrätin Kathrin Hilber einmal zusammenfasste: «Ivo Fürer hat einen neuen Stil geprägt. Als Regierungsmitglied, das seinen Geschäftssitz im Regierungsgebäude hat und so zur Nachbarin von Bischof Ivo geworden ist, weiss ich um das Privileg, die reale und symbolische Öffnung dieser Türe miterlebt zu haben.»
Bis heute unvergessen bleibt die Episode, als sich Ivo Fürer eine Woche nach der Weihe in einem Brief an die Mitarbeitenden in der Seelsorge des Bistums wandte. Was der Bischof mitzuteilen hatte, war weder ein ausgefeiltes Regierungsprogramm noch spirituelle Erbauung. Er wollte den Mitarbeitenden schlicht und einfach zeigen, wie wichtig ihm der Kontakt mit ihnen ist. Die Bischofswohnung galt in den Jahren danach denn auch als offenes Haus für kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Regelmässig lud er zu gemeinsamen Essen ein. Führen weniger durch Dekrete vom Schreibtisch aus, sondern durch Diskussionen – dieser «Symposium»-Stil war für Ivo Fürer charakteristisch.
Berufswunsch stand früh fest
Ivo Fürers Weg hat sich bereits früh abgezeichnet. Wie sein ein Jahr jüngerer Bruder Alex in einem Buch über Ivo Fürer ausführt, soll er bereits von allem Anfang an unerschütterlich gesagt haben: «Ich werde Priester und Pfarrer». Von der Position des Bischofs habe er seines Wissens allerdings nie gesprochen. Und so kam es, dass Ivo Fürer Theologie in Innsbruck studierte. Am 3. April 1954 folgte die Priesterweihe in der Kathedrale St.Gallen. Zu seinen weiteren Stationen gehörten ein Studium des Kanonischen Rechts an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Anschliessend wirkte er als Vikar in Herisau (1958–1963) und Altstätten (1963–1967). 1967 wurde er Bischöflicher Sekretär und ab 1969 war er Bischofsvikar in St.Gallen. 1991 wurde er vom Administrationsrat zum Domdekan gewählt, parallel führte er seine Tätigkeit als Generalsekretär des CCEE weiter. Am 28. März 1995 wählte ihn das Domkapitel zum zehnten Bischof von St.Gallen. Auch als emeritierter Bischof blieb er noch längere Zeit aktiv, unter anderem als Stiftungsratspräsident beim Fastenopfer, heute Fastenaktion.
Auferstehungsgottesdienst
Der Trauer- und Auferstehungsgottesdienst ist am Montag, 18. Juli, um 10 Uhr in der Kathedrale St.Gallen. Von 9.30 bis 9.45 Uhr läutet in allen Kirchen des Bistums die tiefste Glocke – verbunden mit der Einladung zum Gebet für Bischof Ivo. Für alle, die persönlich von Bischof Ivo Abschied nehmen möchten, wird er am Freitag, 15. Juli, von 9 bis 18 Uhr, im Chor der Kathedrale aufgebahrt.
Die Otmarskrypta, wo Bischof Ivo im Anschluss an den Trauer- und Auferstehungsgottesdienst am Montag beigesetzt wird, ist am folgenden Samstag, 23. Juli, den ganzen Tag für das persönliche Gebet geöffnet, ebenso vor und nach den Sonntagsgottesdiensten am 24. Juli. (BistumSG/rf./sar.)
Die Trauerfeier vom 18. Juli kann auch per Livestream mitverfolgt werden unter: