Zum Anlass des Jahrestages desBestehens haben wir mit dem zuständigen Priester, Juan José Segarra Gómez ein (schriftliches) Interview geführt. Er gibt Auskunft über seinen Bezug zur Schweizer Kirche und über Spezialitäten der Kirche in Spanien.
Juan José Segarra Gómez, was bedeutet es für Sie persönlich, eine spanischsprachige Mission in der Schweiz zu leiten?
Für mich bedeutet es eine grosse Verantwortung und eine Ehre zugleich. Es ist eine Gelegenheit, einer vielfältigen und multikulturellen Gemeinschaft zu dienen, die ihre Wurzeln und Traditionen bewahren möchte, während sie sich an eine neue Realität anpasst. Persönlich erfüllt es mich mit Zufriedenheit, die Menschen auf ihrem spirituellen Weg zu begleiten, ihnen Unterstützung zu bieten und einen Raum zu schaffen, in dem sie sich in ihrer eigenen Sprache willkommen und verstanden fühlen können.
Fühlen Sie sich gut aufgenommen im Bistum St.Gallen?
Ja, sehr. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich Gott und dem Bistum St. Gallen unter der Leitung von Bischof Markus für das mir entgegengebrachte Vertrauen dankbar bin. Ein besonderer Dank geht an Pfarrer Beat Grögli, den Dekan der Kathedrale, der mich in den ersten Monaten in der Schweiz so freundlich aufgenommen hat.
Was sind für Sie die größten Herausforderungen bei der Arbeit außerhalb Spaniens?
Die grössten Herausforderungen bei der Arbeit ausserhalb Spaniens sind die Anpassung an eine neue Kultur und die Überwindung von Sprach- und Kommunikationsbarrieren. Obwohl die Mission spanischsprachig ist, bringt das schweizerische Umfeld kulturelle und soziale Unterschiede mit sich, die verstanden werden müssen. Es ist auch notwendig, effektive Wege zu finden, um die spanischsprachige Gemeinschaft in die schweizerische Gesellschaft zu integrieren, ohne unsere kulturelle Identität zu verlieren.
Woher kommen die Mitglieder der spanischsprachigen Mission?
Die Mitglieder der spanischsprachigen Mission kommen aus verschiedenen Teilen der spanischsprachigen Welt. Obwohl viele aus Spanien stammen, kommen auch viele aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas wie Mexiko, der Dominikanischen Republik, Kuba, Kolumbien, Peru, Argentinien und vielen anderen. Diese Vielfalt an Herkunftsorten bereichert unsere Gemeinschaft und bringt eine Vielzahl von Traditionen, Perspektiven und Erfahrungen ein, die unsere Mission stärken und es uns ermöglichen, gemeinsam im Glauben zu wachsen und zu lernen.
Spanischsprachig bedeutet also nicht unbedingt aus Spanien.
Das ist unsere Realität. Eine weitere wichtige Herausforderung besteht darin, den vielfältigen Bedürfnissen einer multikulturellen Gemeinschaft gerecht zu werden. Dies erfordert Flexibilität und Sensibilität, um pastorale Unterstützung anzubieten, die für alle relevant und bedeutsam ist. Schliesslich kann die physische und emotionale Distanz vom Heimatland eine belastende Herausforderung sowohl für mich als auch für die Mitglieder der Gemeinschaft darstellen, da sie bedeutet, fern von der Familie und unseren Wurzeln zu sein.
Wie wichtig ist es für spanischsprachige Menschen, die Messe in ihrer Muttersprache zu feiern und in einer spanischsprachigen Gemeinschaft verwurzelt zu sein?
Für spanischsprachige Menschen ist es von größter Bedeutung, die Heilige Messe in ihrer Muttersprache zu feiern und in einer spanischsprachigen Gemeinschaft verwurzelt zu sein. Die Messe in ihrer Muttersprache ermöglicht eine tiefere und persönlichere Verbindung mit der Liturgie und mit Gott, da sie die Riten und Gebete vollständig verstehen und teilnehmen können. Außerdem bietet ihnen die Zugehörigkeit zu einer spanischsprachigen Gemeinschaft ein Gefühl von Zugehörigkeit und emotionaler Unterstützung.
Gibt es große Unterschiede in den kirchlichen Traditionen?
Ja, es gibt einige Unterschiede in den kirchlichen Traditionen zwischen den Mitgliedern der spanischsprachigen Mission. Jedes Land und jede Region lebt eigene Bräuche.
Welche Feiertage sind in Spanien oder auch in Lateinamerika besonders wichtig?
In Spanien gibt es mehrere Feiertage, die besonders sind und eine wichtige kulturelle und religiöse Bedeutung haben. Einige Beispiele:
1. Die Karwoche: Dieses religiöse Fest findet in der Woche vor Ostern statt und wird durch religiöse Prozessionen, Theateraufführungen und kulturelle Veranstaltungen im ganzen Land gekennzeichnet.
2. Allerheiligen: Wie in der Schweiz wird am 1. November gefeiert und ist eine Gelegenheit, den Verstorbenen zu ehren, die Friedhöfe zu besuchen und sich an geliebte Menschen zu erinnern, die verstorben sind.
3. Der Tag der Unbefleckten Empfängnis: Er findet am 8. Dezember statt und feiert den katholischen Glauben an die Empfängnis Marias ohne Erbsünde.
4. Der 12. Oktober, der Tag der spanischen Nationalfeier, an dem die Jungfrau von Pilar gefeiert wird, auch bekannt als der Tag der Hispanität.
Dies sind nur einige Beispiele für besondere Feiertage in Spanien. Es gibt viele andere, wie den 19. März, den Tag des Heiligen Josef, den Ehemann der Jungfrau Maria, den 25. Juli, den Tag des Apostels Jakobus, den 15. August mit der Himmelfahrt Mariens und viele mehr. Jeder mit seinen eigenen Traditionen und kulturellen Bedeutungen.
Wie ist die Einbindung von nicht geweihten Mitarbeitern in Ihrer Mission?
Die Einbindung von nicht geweihten Mitarbeitern in unserer Mission ist entscheidend für das Funktionieren und die Vitalität unserer Gemeinschaft. Wir schätzen das Engagement und den Beitrag aller, die aktiv am Leben der Kirche teilnehmen möchten, sei es durch pastorale, soziale oder logistische Aktivitäten. In unserer Mission spielen nicht geweihte Mitarbeiter eine Vielzahl wichtiger Rollen, von der Unterstützung bei der Organisation von Veranstaltungen und Liturgien bis hin zur Leitung von Katechesegruppen. Alle Menschen, unabhängig von ihrer Ausbildung oder ihrem kirchlichen Status, werden gleichermaßen geschätzt und respektiert.
Gibt es Kontakt zur katholischen Schweizer Bevölkerung bei bestimmten Feierlichkeiten?
Ja, bei bestimmten Feierlichkeiten und pastorale Veranstaltungen halten wir Kontakt zu den katholischen Schweizerinnen und Schweizern. Wir arbeiten mit lokalen Pfarreien zusammen, um religiöse Feste zu feiern oder Aktivitäten durchzuführen. Außerdem leite ich die Heilige Messe im Dom und in anderen Pfarrkirchen und Kapellen in deutscher Sprache, was mir ermöglicht, in Kontakt mit der lokalen Gemeinde zu bleiben. Der Kontakt zu den katholischen Schweizern bietet uns die Möglichkeit, unsere kirchliche Erfahrung zu bereichern, unsere Traditionen zu teilen und voneinander zu lernen.
Was sind die größten Unterschiede zwischen der Schweizer Kirche und der Kirche der spanischsprachigen Migranten in der Schweiz?
Die grössten Unterschiede zwischen der Schweizer Kirche und der Kirche der spanischsprachigen Migranten gibt es in kulturellen wie pastoralen Aspekten. Die Schweizer Kirche spiegelt die lokale Kultur und die traditionellen Bräuche wider, während die Kirche der spanischsprachigen Migranten die kulturellen und religiösen Traditionen der Herkunftsländer der Gläubigen bewahrt und fördert. Die Schweizer Kirche hat einen pastoralen Ansatz, der besser auf die spezifischen Realitäten und Herausforderungen der Schweizer Gesellschaft zugeschnitten ist. Beispielsweise kennen wir keine Laienpredigt oder die Taufe durch nicht geweihte Seelsorgende, was in der Schweizer Kirche üblich ist und schon lange gelebt wird. Diese Unterschiede bereichern nicht nur die religiöse Erfahrung in der Schweiz, sondern bieten auch Möglichkeiten für interkulturellen Dialog und Zusammenarbeit zwischen beiden kirchlichen Gemeinschaften.
Was wünschen Sie sich für die kommenden Jahrzehnte in Bezug auf die Mission hier und Ihre Arbeit?
Für die kommenden Jahrzehnte wünsche ich mir in Bezug auf die Mission hier und meine Arbeit, dass wir unsere spanischsprachige Gemeinschaft in der Schweiz weiter stärken können. Ich möchte eine grössere Verpflichtung und Beteiligung der Mitglieder sehen. Ich hoffe, dass wir weiterhin Programme und pastorale Aktivitäten entwickeln können, die auf die spirituellen und sozialen Bedürfnisse unserer Gläubigen eingehen und es uns ermöglichen, gemeinsam im Glauben und im Dienst an anderen zu wachsen.
Außerdem wünsche ich mir, dass unsere Mission weiterhin eine Brücke zwischen den verschiedenen Kulturen und Gemeinschaften in der Schweiz bildet, indem sie interkulturellen Dialog und ökumenische Zusammenarbeit fördert auf dem Weg zur Einheit und zum Frieden.
Zusammenfassend wünsche ich mir, dass unsere Mission auch weiterhin ein lebendiges Zeugnis der Liebe Gottes im Herzen der Schweiz bleibt und andere dazu inspiriert, mit Grosszügigkeit, Mitgefühl und Solidarität zu leben. (BistumSG/sar.)