Das Domkapitel berät den amtierenden Bischof und es wählt jeweils auch seinen Nachfolger. Doch wer sind die 13 Persönlichkeiten? Heute lernen wir Albert Wicki kennen.
Was waren deine wichtigsten Stationen im Leben?
Meine Geschichte beginnt im Entlebuch. Als Kind einer Bauernfamilie bin ich mit der «Scholle der Natur» (Schöpfung und Tierwelt) seit je her tief verbunden. Seit meinem 6. Lebensjahr hege ich den Wunsch, als Priester wirken zu können – aufgrund meiner lebendigen Beziehung zu Kirche & Glaube. Ich habe zuerst eine Ausbildung in der Milchbranche gemacht. Mit 21 Jahren habe ich die dreijährige Ausbildung zum Katecheten am Katechetischen Institut in Luzern begonnen. Zu Beginn des Studiums lernte ich Stefan Staub kennen. Wir teilten uns zu dritt eine WG. So besuchte ich regelmässig die Ostschweiz und habe sie nicht nur kennen-, sondern auch lieben gelernt. Die Freundschaft mit Stefan Staub war auch der Grund meiner Entscheidung, mein seelsorgliches Berufsleben im Bistum St. Gallen zu beginnen. Nach dem Studium war ich 4 Jahre im Taminatal als Katechet und Jugendarbeiter tätig. Danach erweiterte ich mein theologisches Wissen während 5 Studienjahren in Einsiedeln und München. Mit der Weihe zum Diakon und später zum Priester reifte der Entschluss, fortan endgültig in der Ostschweiz leben und arbeiten zu wollen. Meine ersten Jahre als Kaplan und später als Pfarrer durfte ich im Rheintal in der jetzigen Seelsorgeeinheit Altstätten erleben. Diese Zeit hat mich beruflich sehr positiv geprägt. Mein «Zwischenjahr» als Regens hat mich an die Grenzen gebracht. Das Regensamt war einfach nicht meine Berufung. Seit ich im Appenzellerland wieder nahe bei den Menschen wirken darf, habe ich meine Erfüllung gefunden.
Beschreibe dich in ein paar Sätzen.
Ich bin sehr lebensbejahend und dankbar.
Ich geniesse meinen «Familienanschluss» durch die Pflege der Beziehung zu meiner Herkunftsfamilie und meinen 10 Patenkindern.
Ich geniesse das Wandern im Alpstein.
Ich liebe populäre Musik und den Tanz.
Ich koche gerne.
Ich pflege meine Freundschaften.
Meine Kraft finde ich im Gebet, vor allem im Rosenkranz.
Was braucht die Kirche aus deiner Sicht am dringendsten – heute und auch in die Zukunft gedacht?
«Beten ist das Reden mit einem Freund, von dem ich weiss, dass er mich bedingungslos liebt». Die Aussage von Heiligen Teresa von Avila ist für mich die Grundlage meines Lebens. Ich versuche im Alltag das regelmässige Herzensgebet zu pflegen. Es gibt mir in diesen ver-rückten Zeiten jene Kraft, mich den Widersprüchen der Welt zu stellen.
Die Kirche tut gut daran, diese Beziehung zu Gott zu pflegen und das den Menschen auf kreative Weise zu vermitteln – unabhängig der Ausdrucksformen. Entscheidend ist doch, dass die Menschen Gott kennenlernen als das absolute Du (Martin Buber). Dabei spielen Formen und Vorschriften eine untergeordnete Rolle. Ich appelliere für mehr Kreativität, seriöse Reflexion des Bisherigen und eine Liebe zu den Menschen, die nach Spiritualität suchen. Wir müssen Gebet und Liturgie nicht neu erfinden, sondern nach authentischen Formen und Vertiefung suchen.
Was darf in der Kirche nie verloren gehen?
Heilige.
Du musst das Vertrauen der Menschen in die Kirche wieder aufbauen/stärken: Welche Massnahmen triffst du?
Authentizität von uns Seelsorgenden. Almosen geben. Gebet. Fasten. Im Sinne der Worte Jesu und des Katakombenpakts 1965, wo 40 Konzilsväter (später schlossen sich 500 weitere Bischöfe aus der ganzen Welt diesem Pakt an) und 2019, wo eine ebenfalls grosse Gruppe von Bischöfen in Rom eine Selbstverpflichtung zu einem einfachen Lebensstil und zum Dienst an den Armen unterzeichneten. Nach dem Motto des Berner Dichters Jeremias Gotthelf: «Im Hause (also bei dir) muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland». Alles andere wird sich daraus ergeben.
Fünf Fähigkeiten, die ein Bischof in der heutigen Zeit mitbringen muss?
- Leidensfähigkeit und innere Resilienz
- Liebe zu den Menschen, zu Gott und zu sich selbst
- Führungskompetenz
- Gesunde Demut
- Networking im regelmässigen, ebenbürtigen und offenen Dialog mit Institutionen ausserhalb der Kirche
Welche Anliegen würdest du mit Papst Franziskus bei einem Abendessen besprechen?
Bei einer Begegnung mit Papst Franziskus würde ich nicht primär ein Anliegen äussern, weil ich weiss, dass er zu jenen Menschen gehört, die sehr wohl um die Situation von Gesellschaft und Welt wissen. Vielmehr würde ich ihm einfach gerne zuhören.
Welche Stelle in der Bibel berührt dich?
Joh 11,25: «Jesus erwiderte ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt...»
Was tust du, um einmal Pause von der Kirche zu machen?
Kirche beschäftigt mich immer. Um aber Distanz zu schaffen zu meiner Arbeit geniesse ich das Kochen für Gäste, die Stille in der Kirche und meinen eigenen vier Wänden, das Skifahren und den Austausch und die Zeit mit Freunden.
Was ist das ‘Verrückteste’, das du je getan hast?
Ein unfreiwilliger «Stunt» bei einer Bergrettung, an der ich durch die Flugrettung an einem Seil aus einer misslichen Situation herausgeflogen werden musste.
Welcher Mensch hat dich sehr beeinflusst?
Meine Eltern und mein geistlicher Vater Pater Dr. Patrick Weisser.
Welches ist für dich der schönste Ort?
Der elterliche Hof und die Umgebung, wo ich aufwachsen durfte.
Was kann man nicht mit Worten ausdrücken?
Liebe.