Die Feier der Osternacht ist der wichtigste (theologisch wie liturgisch) und längste Gottesdienst des ganzen katholischen Kirchenjahres. Der Grund für diese Bedeutung ist ganz kurz und lapidar in einem der ältesten deutschsprachigen Kirchenlieder angegeben: „Wär Christus nicht erstanden, die Welt, die wär vergangen“ (KG 436, 2.Strophe). So kulminieren in der Osternacht auch alle wichtigen Traditionsstränge der Liturgie. Es kommen zusammen die Besinnung auf die eigene Taufe, in der wir als Gottes geliebte Kinder angenommen wurden, in der feierlichen Erneuerung des Taufgelübdes; die Einbettung unserer Pfarrei- und Glaubensgemeinschaft vor Ort die lange Kette aller, die vor uns vorbildlich diesen Glauben gelebt haben, in der Allerheiligenlitanei; eine feierliche Lichtzeremonie, in der das eine Licht der Hoffnung aus der kalten Nacht in die dunkle Kirche getragen wird, samt dem „Exsultet“, dem Lobgesang zu diesem Licht; sowie natürlich die Feier der ersten Eucharistie nach dem Unterbruch des Karfreitags.
Der Wortgottesdienst ist wahrlich üppig an diesem Tag. Nicht nur zwei Bibeltexte (Lesung und Evangelium) wie an gewöhnlichen Sonntagen, sondern viele und exemplarische Lesungen werden vorgetragen. Die liturgischen Anweisungen unseres römischen Ritus sagen dazu:
„In dieser Nachtfeier, der Mutter aller Vigilien, werden neun Lesungen vorgetragen, davon sieben aus dem Alten Testament:
- Gen 1,1-2,2
- Gen 22,1-18
- Ex 14,15-15,1
- Jes 54,5-14
- Jes 55,1-11
- Bar 3,9-15.32-4,4
- Ez 36,16-17a.18-28
- Röm 6,3-11
- Mk 16,1-7
Aus pastoralen Gründen kann die Zahl der alttestamentlichen Lesungen vermindert werden, wenigstens drei aus den Büchern des Gesetzes und der Propheten sind auszuwählen. Die Lesung vom Durchzug durch das Rote Meer (Lesung 3) darf nie ausfallen.“
Die hohe Bedeutung des Textes in Exodus 15 liegt in der besonderen Symbolik dieser Nacht. Der Durchzug des Volkes Israel durch das Meer und seine Rettung aus der Unterdrückung in Ägypten wird parallel gesetzt zum Weg Jesu durch die Nacht zwischen Karfreitag und Ostern, einem Weg vom Grab zu neuem Leben, und zur Bedeutung der Taufe, in der ein Mensch durch das Sakrament und damit durch das Taufwasser neu geboren wird zu einem Leben als befreites und erlöstes Kind des Ewigen.
So singt der Vorsteher der Liturgie dann auch im Exsultet:
„Dies ist die Nacht, die unsere Väter, die Söhne Israels,
aus Ägypten befreit und auf trockenem Pfad durch die Fluten des Roten Meeres geführt hat.
Dies ist die Nacht, in der die leuchtende Säule das Dunkel der Sünde vertrieben hat.
Dies ist die Nacht, die auf der ganzen Erde alle, die an Christus glauben, scheidet von den Lastern der Welt, dem Elend der Sünde entreißt,
ins Reich der Gnade heimführt und einfügt in die heilige Kirche.
Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.“
Heute, in der Liturgie zum Gründonnerstag, denken wir an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Die Glocken und die Orgel erklingen an diesem Abend bis zur Osternacht zum letzten Mal. Sie schweigen zeichenhaft an den Tagen des Leidens und Todes Jesu. Auch das Entfernen des Altarschmuckes am Ende der Messe und das Wegbringen des eucharistischen Brotes stimmen die Gläubigen darauf ein. Karfreitag ist der Gedächtnistag der Kreuzigung Christi. Im Mittelpunkt der Gottesdienste steht die Leidensgeschichte Jesu. Karsamstag ist der Gedächtnistag der Grabesruhe. In der Nacht auf den Ostersonntag wird wie im Text beschrieben das Osterfest gefeiert. „Christus ist auferstanden! (…)“ Wir wünschen allen einen besinnlichen Karfreitag, eine stille Zeit des Wartens und ein frohes, gesegnetes Osterfest.
Bischof Markus Büchel, Bistumsleitung und Mitarbeitende im Bischöflichen Ordinariat
Am kommenden Dienstag sind unsere Büros wieder geöffnet. |