Die 83-jährige Elsa Egger ist seit 67 Jahren in der Kerzenmanufaktur Hongler tätig. Ihr Sohn Thomas Egger ging zunächst eigene Wege als Grafiker, bevor er in den Familienbetrieb zurückkehrte.
Ob Osterkerzen, Grablichter, Opferkerzen - seit rund 300 Jahren beliefert die Kerzenmanufaktur die Kirchen in der Ostschweiz. Die Bistumsjubiläumskerze stammt ebenfalls von Hongler.
Doch die älteste Kerzenmanufaktur der Schweiz steht vor einem Problem: Ein Grossteil der Kerzen besteht aus Paraffin, das aus Erdölgatsch gewonnen wird – eine fossile Ressource.
Gibt es nachhaltige Kerzen-Trends? Wie werden Kerzen in Zukunft aussehen? Darum geht es unter anderem im Podcast-Gespräch.
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„Das Flackern hat etwas Beruhigendes. Schon in Urzeiten sassen Menschen um das Feuer."
Thomas Egger, Grafiker bei der Kerzenmanufaktur Hongler
Licht helle das Gemüt auf, ist Elsa Egger überzeugt. „Wenn die Tage kurz sind, kompensiert man die Dunkelheit mit Licht – und Kerzen sind ein lebendiges Licht“, sagt sie. Ihr Sohn ergänzt: „Schon in Urzeiten sassen Menschen um das Feuer. Heute ist das Kerzenlicht mehr zur Dekoration geworden“.
Notvorrat-Kerzen
Wobei: Angesichts eines möglichen Blackouts besinnen Menschen sich auf das Licht, das auch ohne Strom funktioniert. „Schweizweit wurden seit dem Sommer bis zu 40 Prozent mehr Kerzen verkauft“, so Elsa Egger.
„Menschen kauften teils säckeweise Kerzen als Notvorrat bei uns ein."
Elsa Egger, Kerzenmanufaktur Hongler, im fadegrad-Podcast
Die Kerzen, die sie als „Notvorrat“ empfehlen, seien klein und aus Paraffin – aus Erdölgatsch, das bei der Gewinnung von Benzin aus Rohöl als Nebenprodukt anfällt.
Die Kund:innen verlangen aber zunehmend nach nachhaltigeren Alternativen. „Wir experimentieren mit verschiedenen Rohstoffen und lernen ständig hinzu“, sagt Thomas Egger. Bienenwachs ist sehr kostbar: Weil ein Bienenstock zwar jährlich 50 bis 80 Kilogramm Honig, aber nur 800 Gramm Wachs produziere, stamme das Bienenwachs gut wie nie aus der Schweiz, sondern aus Spanien, Brasilien oder afrikanischen Ländern.
Olivenwachs komme aus Italien und müsse damit keine weiten Transportwege zurück legen. Beim Abbrennen der Kerzen bildet sich in den meisten Fällen ein schönes Gitter. „Olivenwachs-Kerzen sind jedoch nicht so lange haltbar wie Kerzen aus Paraffin. Einer Kundin, die eine Taufkerze aus Olivenwachs haben wollte, musste ich davon abraten: Diese Kerze kann einen nicht das ganze Leben lang begleiten“, sagt Thomas Egger.
Von Kirchen-Kerzen zum Einhorn-Skelett
Rund 280 Jahre produzierte die Kerzenmanufaktur Hongler ausschlieslich Kerzen für die Kirche: Osterkerzen, Grablichter, Kerzen für Gottesdienste.
„Wir haben nie Werbung gemacht“, sagt Elsa Egger. Doch nach dem Tod ihres Mannes 1995 war klar: „So hat die Kerzenmanufaktur keine Zukunft, so ist sie zu sehr eingeengt.“
Eine neue Produktionsstätte, die einen Einblick in die Kerzenproduktion erlaubt, ein Kerzenverkaufsladen sowie öffentliche Führungen und Workshops zum Kerzenziehen folgten. Hongler Kerzen führt nun ein breites Sortiment: von Kokos-Duftkerzen im Weckglas über Wunsch-Lichter mit Spruch bis hin zu regenbogenfarbenen Kerzen in Form von Einhorn-Skeletten.
Die Zukunft der Kerzen-Produktion
Die kirchlichen Kund:innen sind geblieben: Bis heute kaufen katholische Kirchen ihren Jahresvorrat an Kerzen zum Fest „Maria Lichtmess“ am 02. Februar ein.
Thomas Egger ist zuversichtlich, dass es auch in 300 Jahren noch Kerzen geben wird. „In Science-Fiction-Filmen wie Blade Runner achte ich immer darauf, ob Kerzen vorkommen. Das gibt mir Hoffnung, dass Menschen auch in Zukunft die Sehnsucht nach lebendigem Licht haben werden“.
Tipps für die Kerzenpflege
- Docht regelmässig zurück schneiden
- Beim Löschen der Kerze diese nicht auspusten, sondern kurz ins Wachs tauchen. So wird die Feinstaubbelastung so gering wie möglich gehalten.
- Feuerfeste Unterlage
- Kerze nicht unbeaufsichtigt im Raum brennen lassen
- Trocken und kühl lagern (ab 40 Grad verformt sich die Kerze)
- Nicht in die Zugluft stellen, sonst flackert die Kerze und brennt unregelmässig ab
Fadegrad-Podcast
Fadegrad ist ein ökumenisches Projekt und wird präsentiert von den katholischen und reformierten Kirchen der Kantone SG/AI/AR.