Der Werktagschor der Pfarrei Wattwil ist ein Unikat im Bistum St.Gallen. Die Sängerinnen und Sänger gestalten vorwiegend Beerdigungsgottesdienste mit, ein letzter Dienst an Verstorbenen und ein Trost für Angehörige in der Stunde des Abschieds. Am Sonntag wurde das Jubiläum im Gottesdienst gefeiert, selbstverständlich begleitet mit feierlichen Gesängen des Werktagschores unter der Leitung von Dirigent Thomas Ulsamer.
Kirchenverwaltungsratspräsidentin Marlis Kaufmann blickte zum Schluss des Gottesdienstes auf die Gründung des «Werchtigchörli» zurück: Bis 1971 waren die Schulen in Wattwil konfessionell getrennt, katholische Schülerinnen und Schüler erhielten jeweils frei um an Beerdigungs-Gottesdiensten zu singen. Nach der Schulverschmelzung war dies nicht mehr möglich. Aus dieser Not heraus gründeten der damalige Pfarrer Alois Heeb und der damalige Chorleiter Mario Schwarz den Werktagschor. Der Name wurde passend gewählt, weil Trauergottesdienste immer an Werktagen stattfinden. Marlis Kaufmann bedankte sich im Namen der Kirchenverwaltung ganz herzlich für den wertvollen Dienst der Sängerinnen und Sänger und gratulierte zum Jubiläum.
Positive Reaktionen
Seit mittlerweile über fünf Jahrzehnten unterstützen die freiwilligen Sängerinnen und Sänger mit Freude und Engagement dieses Werk und schenken so den Hinterbliebenen ein wenig Kraft zu Weitergehen. Präsidentin Kathrin Siegrist erzählt von vielen schönen Reaktionen auf den Gesang an Abschiedsfeiern. «Der Dank der Angehörigen ist immer wieder Motivation für die momentan gut 20 Mitglieder der Chorgemeinschaft», betont die Wattwilerin. Besonders wenn Angehörige und Freunde von auswärts anreisen sind sie sehr beeindruckt und auch erfreut über diesen letzten, musikalischen Gruss an die Verstorbenen. In Wattwil selber gehört das Chörli längst unverzichtbar zum Pfarreileben.
Roth statt Schubert
Geändert haben sich in fünf Jahrzehnten die Musikwünsche. «Während früher beispielsweise oft eine Schubertmesse gesungen wurde, bevorzugen viele Angehörige heute Lieder von Peter Roth, heimische Klänge, aus dem Leben im Toggenburg und auf Mundart», erzählt die Präsidentin des Chors. Auch ihr gefallen diese Lieder sehr gut, der Chor singt sie gern. Die Corona-Zeit hat auch in Wattwil die Beerdigungskultur nachhaltig beeinflusst, Bestattungen im engsten Familienkreis sind deutlich häufiger geworden. das spürt auch der Werktagschor. «Trotzdem haben wir beispielsweise zwischen Ostern und Sommerferien durchschnittlich zweimal pro Woche gesungen», sagt Kathrin Siegrist.
Jubiläumsfeier mit Lino
Zweimal pro Jahr singt der Chor zusätzlich in Sonntagsgottesdiensten, am Gründonnerstag und wie am vergangenen Sonntag zum 2. Advent. Kaplan Franz Xaver Sontheimer war für die Liturgie zuständig, auch er dankte dem Chor in sehr wertschätzenden Worten. Für die Gottesdienstbesuchenden wurde mit wunderschönen Klängen deutlich, dass Adventslieder genauso ins Repertoire passen. Nach der Messe ging die Jubiläumsfeier weiter bei einem feinen Essen und mit einem besonderen Gast, der den Chor auch über viele Jahre erlebt und begleitet hatte: Der ehemalige Pfarrer Alfons Sonderegger. Er reiste mit seiner Bauchrednerpuppe Lino von St.Gallen ins Toggenburg, daraus resultierte keine Trauerrede, sondern gab sehr viel zu lachen. Das tat dem «Werchtigschörli», das in der Regel traurige Momente begleitet, besonders gut. (BistumSG/Sabine Rüthemann)
Sängerinnen und Sänger, die eine Schnupperstunde besuchen möchten sind herzlich eingeladen, jewils am Dienstag ab 18 Uhr im katholischen Pfarreiheim Wattwil. Herzlich willkommen!