Seelsorgerat, Priesterrat, Rat der hauptamtlichen Seelsorgenden und die Bistumsleitung arbeiteten an ihrer zweitätigen Versammlung zum Thema «Die Kirche ist weiblich». «Wir werden an Punkte kommen, an denen wir es nicht leicht haben miteinander», sagte Pastoralamtsleiter Franz Kreissl in seiner Begrüssung. Das sollte sich bewahrheiten und genau darum war diese Tagung so wertvoll.
Das Thema Frauen in der Kirche wird in den Räten nach dem Schema Sehen, Urteilen, Handeln, aufgenommen. Claudia Mennen, Leiterin der Probstei Wislikofen, blickte in ihrem Einstiegsreferat kurz zurück auf die Frühjahrstagungen, in denen sechs Frauen freimütig von ihren Erfahrungen in der Kirche gesprochen hatten. Ihr Part sei nun, Kriterien für das Urteilen zu formulieren. Claudia Mennen stellte acht Thesen auf. Sie begann mit Maria, dem weiblichen Urbild und Idealbild der Kirche. Schon lange verlasse sich die Kirche auf die Qualität, die Glaubenskraft und die Weitsicht der Frauen. «So gesehen ist es Zeit, dass die Kirche den Frauen alle Türen öffnet!».
Emotionale Debatten
Damit war das Thema Zulassung der Frauen zu allen Ämtern definitiv lanciert und es wurde teils sehr emotional debattiert. «Nur was auf den Tisch kommt, kann verwandelt werden», dies der Titel einer weiteren These im Referat. Claudia Mennen thematisierte hier Macht und Missbrauch und die Verantwortung aller Katholikinnen und Katholiken nicht zu schweigen und Einfluss zu nehmen im Glauben, dass sich noch etwas ändern kann und muss. Dazu gehört laut Claudia Mennen ein neuer Gehorsam, den man hören kann, weil Menschen ihre Stimme erheben. Dieser Gehorsam nennt alles Verdeckte beim Namen und beklagt laut, dass sich die Kirche in unnötiger Weise selbst (zurück-)bindet. Die Wertschätzung von Freiwilligen und ihre Befähigung zu mehr Verantwortung in der Kirche oder eine Kirche, die nicht ausserhalb, sondern als Teil der Gesellschaft lebt, waren weitere Themen.
Wie erwartet gab es vor allem zur fehlenden Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche engagierte und sehr offene Diskussionen mit vielen Aspekten. In Gruppen wurden dazu No-Gos und Do it’s erarbeitet. Daraus sind nachfolgend einige Beispiele herausgegriffen. No go: Wir wollen nicht mehr mit der Bibel gegen die Frauenordination argumentieren. Freiwillige sind keine Schafe und müssen nicht gehütet werden. Wenn Frauen auch in die gleichen Machtstrukturen gelangen, die jetzt vorhanden sind, ist es keine gute Entwicklung. Do its: Wir wünschen uns, dass Freiwillige in Entscheidungen eingebunden werden. Wir fordern eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir wollen uns wirklich für die Gleichberechtigung in der Kirche einsetzen. Die Haltung soll fordernd sein, ein stückweit provozierend, aber nicht überreizend.
Für die Frauen
Nach der Phase des Urteilens ging es um Handlungsansätze und dabei zeigte sich: Es stossen Welten aufeinander, die Diskussion wurde engagiert geführt. Eine Gruppe schlug eine sehr deutliche Stellungnahme des Bistums St.Gallen zur Nicht-Zulassung der Frauen zum Priesteramt vor. Andere, womit nicht allein Priester gemeint sind, fühlten sich vom Druck, der von den Frauen ausging, überfordert. Auch fiel der Satz: «Der Bischof tut mir leid, er wird in die Ecke bedrängt». Ein Priester meinte: «Muss ich mich entweihen lassen?». In allen Wortmeldungen wurde aber grundsätzlich deutlich, dass es mit der Gleichberechtigung der Frau in der Kirche vorangehen müsse.
Für die Freiwilligen
Ebenso wichtig war in den Diskussionen die Achtsamkeit für die vielen Freiwilligen in der Kirche, Frauen und Männer, die ihre Sendung ernst nehmen und auch von den Hauptamtlichen erst genommen werden sollen. «Das fühlt sich nicht immer so an», sagte ein Mitglied des Seelsorgerates unumwunden. Claudia Mennen hatte in ihrem Referat eine neue Haltung im Sinne von «auf Augenhöhe, Seite an Seite» gefordert. Gerade mit dem Neuland-Prozess im Bistum St.Gallen werde ein klares Bekenntnis abgegeben: Kirche ist da, wo Menschen leben und wo Engagierte Verantwortung übernehmen und in Entscheidungsprozesse der Pastoralplanung eingebunden sind. Einig war man sich darüber, dass im Bistum St.Gallen schon heute vieles möglich ist, für Frauen, für nicht-geweihte Männer, für Freiwillige. Ebenso darüber, dass auf den Tisch kommen darf, was unter den Nägeln brennt. Das Pastoralforum 2019 wird als das bisher emotionalste in die Geschichte eingehen. Das ist erfreulich, das ist bedrückend, das zeigt, dass es noch viel zu tun gibt.
Bischof Markus Büchel dankte für die spannende wie herausfordernde Tagung und für das Mittragen, das er von Seiten der Teilnehmenden deutlich spürte. (BistumSG/sar.)